Der Vater der Maus

von Redaktion

Kinderfernsehen-Legende Armin Maiwald feiert heute ihren 85. Geburtstag

Er erklärte Generationen von Kindern die Welt: „Sendung mit der Maus“-Produzent Armin Maiwald. © Rolf Vennenbernd/dpa

Es sind die Neunzigerjahre. Der Fernseher ist noch schwer wie ein Zementstein – und wenn die Eltern die Hand darauf legen, spüren sie gleich, ob hier einer heimlich geguckt hat. Heißes Gerät bedeutete heiße Ohren vor Scham und die Hoffnung, dass nicht die bitterste Drohung folgen möge: „Dann fällt die Maus am Wochenende aus.“ Ein Satz wie ein Zeitraffer zurück in die Kindheit. Ob die Eltern ihn je wahr gemacht haben? Kann man sich kaum vorstellen. Denn die Maus war und ist ja nicht bloß „Käpt’n Blaubär“ und „Lehrer Linke“. Neben Lach- gab und gibt es seit mehr als 50 Jahren Sachgeschichten, die kleine und große Zuschauer ein bisschen schlauer machen. Der Mann, der die Idee zu diesen spannenden Geschichten hatte, wird heute 85 Jahre alt. Ein Hoch auf Armin Maiwald. Blieb der Fernseher auch sonst aus: Am Sonntag hieß es Woche für Woche „Hallo Maus-Fans!“ Wohl auch, weil die Eltern das gute Gefühl hatten, dass da etwas pädagogisch Wertvolles auf der Mattscheibe flimmerte.

Noch so eine Zeitreise: Wenn Armin Maiwalds Stimme erklingt, werden Erinnerungen wach an inzwischen Kult gewordene Folgen wie „Wie kommen die Löcher in den Käse?“ (1990) oder „Wie kommen die Streifen in die Zahnpasta?“ (1979). Doch auch schwierige Themen spart die Sendung bis heute nicht aus. Atomkraft, Klimawandel oder die Nachkriegszeit – ganze sechs Folgen widmete die Reihe 1989 diesem Thema.

Es ist eines, das Armin Maiwald, der nicht nur Ideengeber und Sprecher der Sachgeschichten war, sondern auch der Produzent der „Sendung mit der Maus“ ist, persönlich betrifft. Am 23. Januar 1940 kam er im Rheinland zur Welt. Mitten im Krieg – in einer Region, die davon besonders heftig betroffen war. Maiwalds Familie wurde ausgebombt, floh nach Schlesien zu den Großeltern, dann über Dresden nach Bayern. Der Vater fiel als Soldat, mit Mutter und Schwester kehrte der 13-jährige Armin 1953 nach Köln zurück. Den Irrsinn, der um ihn herum herrschte, wird er als Kind nicht verstanden haben. Vielleicht gelingt es ihm deshalb so gut, den Buben und Mädchen all die Schönheiten und Schrecklichkeiten dieser Welt verständlich zu erklären. Fern jeder Schulmeisterei. Sein Konzept hat er mal so erklärt: „Es sollte Spaß machen, zuzuschauen, man sollte nichts lernen müssen. Allerdings wäre es gut, wenn der Zuschauer ein ‚Aha-Erlebnis‘ mitnimmt und am Ende nicht dümmer ist als vorher.“ Mit diesem Ansatz hat er seit den Siebzigern allen Fake-News-Verbreitern eine ordentliche Portion Wahrhaftigkeit entgegengesetzt.

Maiwald und das „Maus“-Team recherchieren gewissenhaft, schaffen es aber, das Wissen so zu vermitteln, dass sich Klein und Groß ernst genommen fühlen und mehr erfahren möchten. Wohltuend: Da gibt es in unserer ultraschnellen Zeit nicht bloß Videoschnipsel – wie zu Beginn der Sachgeschichten-Reihe nimmt man sich auch heute noch Zeit für die Vermittlung. „Wir geben keine schnellen Antworten und recherchieren wirklich, bis der Arzt kommt“, hat es Maiwald in der „FAS“ formuliert.

Er selbst war übrigens gar kein so guter Schüler. „Mathematik und Physik haben mir zwar keine Schwierigkeiten bereitet, aber es war auch nicht so, dass ich ein Physikfan gewesen wäre.“ Auch dies wohl ein Erfolgsgeheimnis: Maiwald ließ sich von Dingen begeistern, die er selbst erst nicht verstand – und konnte sie dann umso empathischer verklickern.

Dabei war ursprünglich gar nicht vorgesehen, dass er, der Papa zweier erwachsener Kinder und seit Jahrzehnten mit Kostümbildnerin Ulla Maiwald verheiratet ist, den Off-Kommentar der Reportagen sprechen würde. Und doch wurde sie zum Aushängeschild der „Maus“, diese warme, vertraute Stimme. Klingt komisch, is’ aber so.
KATJA KRAFT

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