Bis zuletzt charmant und tiefenentspannt: Schauspieler Horst Janson (1935–2025) © R. Newald
Er war der erste Langhaarige im deutschen Fernsehen. Damals, als Titelheld „Der Bastian“ in der gleichnamigen ZDF-Serie von 1973. Es ging um einen angehenden Lehrer, der sein letztes Examen gerade überstanden hat. Bis zum Antritt der ersten festen Stelle zum Schulbeginn im Herbst macht er sich einen schönen Sommer in München. Dabei verliebt er sich in die junge Ärztin Katharina (Karin Anselm) und streunt mit offenen Augen durch die Stadt.
Deutlich jünger sah er schon damals aus. Denn in Wirklichkeit war Janson bei Drehbeginn schon 37 Jahre alt und somit aus dem Lehramtsstudenten-Alter bereits herausgewachsen. Dass er die Haare für die Serie so lang tragen durfte wie im Privatleben, war ein wichtiges Zugeständnis von Regisseur Rudolf Jugert an den Zeitgeist jener Jahre. Ebenso wie Bastians Ansichten zu Beruf, Liebe und Gesellschaft, die fürs Fernsehen noch regelrecht provokativ und revolutionär klangen. Frisch rasieren musste er sich allerdings jeden Morgen, erinnerte sich Janson später in einem Interview: „Ein Drei-Tage-Bart wie heute wäre undenkbar gewesen.“
Janson war schon lange im Geschäft
Jetzt ist er im Alter von 89 Jahren nach langer Krankheit gestorben. Angesichts der charmanten, tiefenentspannten Jugendlichkeit, die Horst Janson bis zu seinen letzten Auftritten in der Öffentlichkeit verströmte, vergaß man vollkommen, wie lange der hochgewachsene Blonde mit den leuchtend blauen Augen tatsächlich schon im Geschäft war. Mit „Die Buddenbrooks“ begann seine Karriere 1959 neben Gustav Knuth und Liselotte Pulver. Mit ihr stand der im Jahr 1935 Geborene ein Jahr später schon wieder in Helmut Käutners „Ein Glas Wasser“ vor der Kamera. Es folgten „Der Ruf der Wildgänse“ oder „Immenhof“, ehe er den Sprung in die USA wagte.
In über 150 Spielfilmen und Fernsehproduktionen wirkte der gebürtige Mainzer mit. Spielte, was viele angesichts seiner starken Fernsehpräsenz immer vergessen, an der Seite von Hollywoodstars wie Peter O’Toole, Anthony Perkins, Richard Burton, Roger Moore, Charles Bronson, Tony Curtis und Christine Kaufmann. Aber auch neben Tiffy, Bibo, Elmo oder Grobi in der deutschen Fassung der „Sesamstraße“.
Originellster und kultigster Film seiner beachtlichen Karriere ist bis heute zweifellos der in den legendären Hammer Studios gefertigte „Captain Kronos – Vampirjäger“ mit dem Seebären Janson in der Hauptrolle. Der vielfach ausgezeichnete Schauspieler stand aber nicht nur vor der Kamera, sondern ebenso regelmäßig auf den Theaterbühnen des Landes, von der Komödie im Bayerischen Hof in München bis zu den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg.
Dünkel waren Janson immer fremd. Er unterschied nicht zwischen E und U, zwischen Hochkultur oder Boulevard. Qualität ist schließlich auf jedem Niveau von Unterhaltung zu erreichen. Bei „Steiner – Das eiserne Kreuz“ ebenso wie in „Unter weißen Segeln“ oder „Marienhof“. Auf der Bühne in Molières „Der eingebildete Kranke“ oder „Barfuß im Park“. Wie viel Arbeit tatsächlich darin steckte, alles immer wie leicht hingeworfen aussehen zu lassen, darüber sprach Janson nicht gerne. Hätte auch unnötig schwer gemacht, was immer so leicht aussehen sollte.
Das Etikett des „liebenswerten Luftikus“, das seit „Der Bastian“ vor gut einem halben Jahrhundert an ihm klebte, empfand er nie als Belastung, im Gegenteil: „Das ist natürlich eine Frage der Definition. Wenn damit jemand gemeint ist, der nicht so krampfhaft verbissen und ehrgeizig durchs Leben geht und viele an sich profane Sachen auch etwas lockerer sieht, kann man den Begriff, der ja als Kompliment gemeint ist, tatsächlich auf mich übertragen“, meinte Janson selbst einmal dazu.
Zuletzt ging es steil bergab
Zeitgleich zu seinem 85. Geburtstag schrieb Janson eine Autobiografie mit dem Titel „Der 85-Jährige, der morgens aufstand und immer noch jung war“, in der er unter anderem seine persönlichen Fitnesstipps verriet. Aber auch, wie wichtig ihm seine Ehefrau Hella und seine zwei erwachsenen Töchter sind. In Krisenzeiten, egal ob während der lebensbedrohlichen Magersucht von Tochter Laura oder weil die Finanzlage mehr als angespannt war, zählte für Janson immer der Zusammenhalt innerhalb der Familie.
Zuletzt ging es gesundheitlich steil bergab. Der Schauspieler erlitt einen leichten Schlaganfall, wenig später stürzte er schwer in seinem Haus in Grünwald und erlitt eine Hirnblutung. Todesursache war letztlich ein gefährlicher Keim, den er sich im Krankenhaus zuzog.
ULRIKE FRICK