Der Hingucker des Abends: Newcomer Benson Boone machte bei seinem Auftritt einen akrobatischen Salto vom Klavier. © CAROLINE BREHMAN/EPA
Die Rekordhalterin: 35 Grammys hat Beyoncé. Mittlerweile auch den für das Album des Jahres. © CAROLINE BREHMAN/EPA
Der Abräumer des Abends: Hip-Hop-Star Kendrick Lamar gewann fünf Grammys. © Frazer Harrison/ Getty Images/AFP
Aller guten Dinge sind fünf: Nach vier erfolglosen Versuchen hat Superstar Beyoncé Knowles (43) für „Cowboy Carter“ endlich den Grammy für das beste Album des Jahres gewonnen. Zweiter großer Gewinner der berührenden Award-Show in Los Angeles war Rapper Kendrick Lamar. Für Akrobatik sorgte Benson Boone. Der Newcomer ging zwar leer aus – sorgte bei seinem Auftritt mit einem Salto vom Klavier aber für den Hingucker des Abends.
35 Grammys hat Beyoncé inzwischen – Rekord. Drei sind brandneu, darunter der lang ersehnte für „Cowboy Carter“. „Ich fühle mich einfach sehr geehrt“, sagte sie – auch dafür, dass sie zudem als erste Schwarze den Grammy für das beste Country-Album bekam. Lamar war mit fünf Grammys der Abräumer des Abends. Sein Hit „Not like us“ gewann als „Aufnahme des Jahres“ und „Song des Jahres“ (womit Komponisten und Texter geehrt werden). Insgesamt hat Lamar nun 22 Grammys.
Für einige Pop-Queens blieben daher eher Trostpreise. Chappell Roan bekam immerhin den Grammy als beste neue Künstlerin – was sie mit einem wilden Ritt auf einem Barbie-Plastikpferd würdigte. Sabrina Carpenter erhielt Preise für die beste Pop-Solo-Performance („Espresso“) und das beste Pop-Gesangsalbum („Short n’ sweet“). Taylor Swift ging sogar ganz leer aus. Für Gesprächsstoff sorgte sie dennoch – besonders ihr Oberschenkel. Da trug sie eine Kette mit dem Buchstaben „T“. Die Fans waren sich sicher: eine Anspielung auf ihren Partner Travis Kelce. Und nicht nur das fanden die Swifties heraus: Das Kleid der Pop-Diva war rot – das ist auch die Farbe des Trikots der Kansas City Chiefs, also des American-Football-Teams, für das Kelce spielt. Jedenfalls zeigte sie sich überhaupt nicht neidisch auf Beyoncé, der sie sogar die Auszeichnung für das beste Country-Album überreichte.
Für Kurzweil sorgten fast zwei Dutzend Auftritte – besonders der von Charlie XCX. Ein rührender Moment gelang dem 74-jährigen Stevie Wonder. Gemeinsam mit Pianist Herbie Hancock (84) würdigte er den verstorbenen Quincy Jones mit einem Mundharmonika-Solo. Sie spielten eine kurze Version von „We are the World“. Jones hatte 1985 den Song produziert und mit dutzenden Weltstars aufgenommen, um Geld für eine Hungersnot in Äthiopien zu sammeln. Wonder kommentierte auch die aktuelle politische Lage der USA. „Wir sind immer noch die Welt. Wir sind immer noch die Menschen, die bereit sind, für dieses Land zu kämpfen und zu sterben.“
Kritik am neuen US-Präsidenten kam ansonsten nur spärlich – und wenn, dann nur von Frauen. Sängerin Shakira erinnerte an die Lage von Ausländern in den USA. „Ich möchte diese Auszeichnung all meinen Immigranten-Brüdern und -Schwestern in diesem Land widmen“, sagte die 48-Jährige, nachdem sie den Preis für das beste Latin-Pop-Album des Jahres gewonnen hatte. „Ihr werdet geliebt, ihr seid etwas wert und ich werde immer mit euch kämpfen“, sagte die Kolumbianerin.
Lady Gaga mahnte mehr Minderheitenrechte an und sagte: „Trans Personen sind nicht unsichtbar. Trans Personen verdienen Liebe. Die queere Community verdient es, unterstützt zu werden.“ Alicia Keys ging darauf ein, dass Trump mit vielen Dekreten gegen Gleichbehandlungsinitiativen und Politik für mehr Vielfalt vorgeht. „Das ist keine Zeit, die Vielfalt von Stimmen herunterzufahren“, sagte sie. „Je mehr Stimmen es gibt, desto kraftvoller ist der Sound.“
Darüber hinaus stand der Abend unter dem Eindruck der Brände in Los Angeles. Zum Abschluss der Show kamen zwei Dutzend Feuerwehrleute zu Beyoncé auf die Bühne. Lamar widmete ihnen seinen Preis. Lady Gaga und Bruno Mars sangen eine ruhige Version des Oldies „California Dreamin“ und Moderator Trevor Noah erklärte im letzten Drittel der Show, dass an diesem Abend bereits mehr als sieben Millionen Dollar an Spenden zusammengekommen seien. Die Show-Produzenten hatten zudem lokalen Einzelhändlern kostenlose Werbezeit eingeräumt, sodass beispielsweise ein Bekleidungslabel, ein Skateboard-Geschäft und ein Blumenladen landesweit Aufmerksamkeit bekamen.
Angesichts des allgemeinen Mitgefühls blieb eine Provokation von Rapper Kanye West nur eine Randnotiz. Seine Partnerin Bianca Censori kam im transparenten Kleid, das sie fast nackt aussehen ließ – wohl eine Anspielung auf das jüngste Album des Enfant terribles, auf dem Censori ebenso spärlich bekleidet posiert. Gerüchte, wonach das skandalträchtige Paar vom Sicherheitsdienst rausgeworfen wurde, seien falsch, schrieb das „People“-Magazin. Die beiden seien freiwillig gegangen.
CHRISTIAN FAHRENBACH