Blödel-Didi: Je bescheuerter, desto besser. So liebten Fans ihren Dieter Hallervorden in den Siebzigern. © SWR/Bavaria
„Palim-Palim! Ich hätte gerne eine Flasche Pommes.“ So beginnt einer der berühmtesten Sketche der deutschen Fernsehgeschichte. Es ist einer von vielen schlichten Späßen, mit denen sich die Slapsticksendung „Nonstop Nonsens“ ins kollektive Humorgedächtnis der Deutschen eingebrannt hat. Vor 50 Jahren, am 29. März 1975, startete die Sendereihe, die Dieter Hallervorden als tollpatschige Figur „Didi“ berühmt machte und fünf Jahre lang die halbe Nation zum Lachen brachte: Bis zu 30 Millionen Zuschauer waren dabei, wenn Nervensäge Didi loslegte.
In den wilden Siebzigern hieß es im Fernsehen: Bühne frei fürs Blödeln, die Komiker Otto Waalkes („Hallo Susi, hier spricht dein Fön“) und Hallervorden eroberten vor allem die Herzen des jüngeren Publikums. Mochte 1975 auch das Jahr sein, in dem der Vietnamkrieg endete, oder als im Kino „Der weiße Hai“ und „Einer flog übers Kuckucksnest“ Premiere hatten: In „Nonstop Nonsens“ gab es weder politische Bezüge noch Seitenhiebe gegen den Zeitgeist, sondern nur baren Unsinn – puren Nonsens eben. Etwa, wenn Didi einen Autounfall verursacht und alle Zeugen in eine Diskussion darüber verwickelt, wie der Mittelteil der Melodie von „Doktor Schiwago“ geht. – „Schnief, schnief di schneuf“, singt er ihnen vor, und löst wie in jedem Sketch ein irrsinniges Chaos aus.
Absurde Pannenserien, physische Komik und nach dem Abspann noch der gespielte Witz: „Ich hätte gerne drei kaputte Glühbirnen.“ „Warum?“ „Ich will mir eine Dunkelkammer einrichten.“ Die Show war denkbar unpolitisch, obwohl der gebürtige Dessauer Dieter Hallervorden eigentlich ernsthaftes politisches Kabarett machte, 1960 die Berliner Bühne „Die Wühlmäuse“ gründete, deren künstlerischer Leiter er bis heute ist. „Nonstop Nonsens“ selbst entstand aus einem Kabarettabend, berichtete Hallervorden später einmal: „Wir haben einfach einen Abend rumgeblödelt – dass daraus ein Riesending werden würde, hätte ich nie gedacht.“
Ähnlich wie in „Klimbim“, einer anderen ikonischen Comedysendung der Siebziger, war die Ästhetik von „Nonstop Nonsens“ teilweise Stummfilmen nachempfunden. Wer viele der alten Sketche noch heute auswendig mitsprechen kann, der gehört mit großer Wahrscheinlichkeit der Boomer-Generation an, also den geburtenstarken Jahrgängen von etwa 1950 bis 1965, die damals vorm Fernseher saßen. Ein Wiedersehen mit den alten Folgen ist eine nostalgische Zeitreise in die alte Bundesrepublik: Tante-Emma-Läden, Telefonzellen, alte Autos.
Der Humor ist nur teilweise in Würde gealtert – wenn Didi etwa als Schwerenöter den Damen ins Dekolleté starrt oder ausländische Potentaten gebrochen Deutsch sprechen, wirkt das mittlerweile etwas peinlich. Dagegen reizen Sketche wie „Die Kuh Elsa“ auch heute noch zum Lachen. Im Kostüm eines Butlers meldet Didi seinem Arbeitgeber, einem Grafen, den Tod einer Kuh. Auf Nachfrage des Grafen kommt eine Katastrophe nach der anderen ans Licht – am Ende stellt sich heraus, dass die Gräfin gestoben ist.
Nach nur 20 Folgen von „Nonstop Nonsens“ in einem Zeitraum von fünf Jahren war 1980 Schluss mit lustig, Sendungen wie das politischere Format „Rudis Tagesshow” schlugen ein neues Humor-Kapitel auf. Der begriffsstutzige Blödel-Didi lebte in den Achtzigern noch in Kinofilmen wie „Didi und die Rache der Enterbten“ weiter, doch Anfang der Neunziger nahm Hallervorden Abschied von der Kunstfigur, die ihn so berühmt gemacht hatte. Das Image aber wurde er so schnell nicht los, zu seinem Unmut: Didi sei für ihn nur das „dekorative Petersilienblatt in der Kartoffelsuppe“, sagte er, er wollte nicht auf die Slapstick-Kanaille reduziert werden.
Doch erst ab 2013 konnte er sich mit Kinofilmen wie „Sein letztes Rennen“ als Charakterdarsteller rehabilitieren. Dabei hatte er schon 1970 in Wolfgang Menges Filmdystopie „Das Millionenspiel“ eindrucksvoll einen Killer gespielt. Menge gehörte auch zum Autorenteam von „Nonstop Nonsens“. Zu den Darstellern an der Seite von Hallervorden zählten unter anderem Kurt Schmidtchen, Gerhard Wollner, Hallervordens damalige Frau Rotraud Schindler und die beiden gemeinsamen Kinder.
Am 5. September wird Dieter Hallervorden 90. Der in dritter Ehe verheiratete Vater von vier Kindern lebt in Berlin und auf seinem Schloss in Frankreich. Er betreibt seit 2008 in Berlin ein privates Theater, steht gelegentlich selbst auf der Bühne und bewies vor einer Weile mit seinem Auftritt als höchst agiles Chamäleon bei „The Masked Singer“, wie fit er noch immer ist.
C. WYSTRICHOWSKI