Gibt es für alles eine ganz einfache Erklärung? Jona Kepler (Thomas Prenn) wird von Ermittlerin Rita Berg (Nina Gummich) mit neuen Indizien konfrontiert. © Joe Alblas/Degeto
Ein bewaffneter Raubüberfall durch Unbekannte, der für die Münchnerin tödlich endet – oder die Tat ihres israelischen Ehemanns, der das Geld aus diversen Lebensversicherungen kassieren will? „Mord auf dem Inkapfad“ lautet der Titel des Vierteilers nach einem wahren Fall (siehe Kasten), der ab diesem Samstag in der ARD Mediathek zu sehen ist (Ausstrahlung im linearen Fernsehen am 30. April und am 1. Mai). Regisseurin Nina Wolfrum zeichnet darin akribisch die mehrere Jahre dauernden Ermittlungen nach, die schließlich zur Mordanklage führen. In der Rolle der Kommissarin ist Nina Gummich („Theresa Wolff“, „Alice“) zu sehen, den Tatverdächtigen, der im Film Jona Kepler heißt, spielt Thomas Prenn.
Was wussten Sie über den sogenannten Anden-Mord, bevor Sie sich mit dem Fall beschäftigt haben?
Nichts. Ich bin 1991 geboren und war damals noch zu jung, um davon etwas mitzukriegen. Als ich mich für dieses Projekt mit der Geschichte befasst habe, war ich umso überraschter, mit wie viel Aufwand damals ermittelt wurde.
Was war für Sie das Besondere an diesem Fall?
Sicher die Tatsache, dass das ein reiner Indizienfall war. Entscheidende Beweismittel wurden nie gefunden oder sind verschwunden, nachdem sie schon in der Hand der peruanischen Polizei waren, die Patronenhülse beispielsweise. Es gibt wirklich einige Fragezeichen, immer noch. Wobei für mich beim Dreh irgendwann klar war, dass er der Täter war. Ich habe dann auch aufgehört, am Set über den möglichen Tathergang zu diskutieren.
Sie haben am Set diskutiert?
Ja, Nina Wolfrum und ich haben wie zwei Kriminalistikstudentinnen die Dinge betrachtet: Lag Ursula so oder so im Zelt, und wie passt das zur Zielrichtung des Schusses und zu ihren Verletzungen? Es gab am Anfang Momente, in denen ich dachte: Was, wenn er es wirklich nicht war? Und wir machen auch noch einen großen Film darüber. Es gab ja schon Fälle, in denen jemand Jahre oder gar Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis saß.
Der als Mörder Verurteilte ist Israeli, war das für Sie von besonderer Bedeutung?
Auf jeden Fall. Im Film wird ja auch angedeutet, dass das eine politische Dimension hat, wenn die Deutschen jetzt gegen einen Israeli wegen Mordes ermitteln. Ich glaube, dass das mit ein Grund war, warum sich die Ermittlungen so lang hingezogen haben. Aber ich finde es toll, dass es damals eine Ermittlerin gab – und die gab es ja wirklich, nur heißt sie bei uns anders –, die auf dem Standpunkt stand: Es geht um Mord, da gelten für alle dieselben Regeln.
An einer Stelle im Film sagt der Mann, der hier Jona Kepler heißt: „Ihr habt sechs Millionen von uns umgebracht. Und jetzt quält ihr einen von uns so lange, bis er etwas zugibt, was er nicht getan hat!“ Begleitet einen das als Deutsche beim Drehen, in den Verhörsituationen?
Diesen Satz sagt er ja nicht zu mir, sondern zu meinem Chef Josef Wilfling. Ich versuche, das Politische hier auszublenden und den Menschen dahinter zu sehen. Deswegen verurteile ich auch nicht so schnell. Ich will mich – auch als Schauspielerin – mit dem Menschen beschäftigen und nicht mit seiner politischen Einstellung, seiner Ethnie oder seiner Religion.
Hatten Sie Kontakt zu den Angehörigen von Ursula Glück?
Ja, ihr Bruder und ihre Schwester waren an den letzten Drehtagen dabei und auch bei der Abschlussfeier. Das war ein sehr besonderer Moment. Wir wussten ja vorher nicht, inwieweit die beiden ihren Frieden mit diesem schrecklichen Ereignis gemacht haben. Die Schwester sagt auch, dass sie noch nicht wisse, ob sie die Serie anschauen wird. Wogegen der Bruder sehr offen mit Ursulas gewaltsamem Tod umgeht und auch bereit ist zu erzählen. Und er kommt als Figur auch im Film vor. Da fragt er Jona ganz offen: „Hast du deine Frau umgebracht?“ Wenn man so etwas tut, wenn man den eigenen Schwager beschuldigt, muss man sich schon sehr sicher sein, dass an den Vorwürfen etwas dran ist.