Hier geht‘s rund: Asterix vermöbelt mal wieder die Römer. © Les éditions A. René/G. Uderzo
So sehen also Asterix und Obelix für die Generation Netflix aus: Obelix trägt zwar noch immer seine blau-weiße Hose, Asterix ist ein Schlauberger und die Fische von Händler Verleihnix haben das Mindesthaltbarkeitsdatum längst überschritten. Aber vieles ist auch anders, wenn jetzt nach mehr als 60 Jahren, 40 Comicalben und 15 Filmen die erste Trickserie über die ikonischen Figuren startet: Netflix motzt die antiken Helden im Fünfteiler „Asterix & Obelix: Der Kampf der Häuptlinge“ zeitgeistig auf. Ab heute sind sie auf der Streamingplattform zu sehen.
Es gibt eine weibliche Heldin, die vor römischem Kulturimperialismus warnt, einen Muskelprotz namens „Fastandfurious“ und sogar eine eingeblendete Triggerwarnung: „Diese Ess-Szene kann verstörend sein, vor allem wenn Sie ein Wildschwein sind.“ Das ist anfangs lustig, zuletzt mutiert die Serie aber zum Superhelden-Spektakel mit Wildschwein und Hinkelstein.
Die Handlung basiert auf dem Comic „Der Kampf der Häuptlinge“ (1966) von René Goscinny und Albert Uderzo. Wir befinden uns wie üblich im Jahr 50 v. Chr., ganz Gallien ist von den Römern besetzt, bis auf das berühmte Dorf, dessen Bewohner durch ihren Zaubertrank unbesiegbar sind. Um die Macht endlich an sich zu reißen, lässt Cäsar einen traditionellen Kampf zwischen Häuptling Majestix und einem rivalisierenden gallischen Dorfchef organisieren, der mit Rom kollaboriert. Als Druide Miraculix von einem Hinkelstein getroffen wird und keinen Zaubertrank mehr brauen kann, ist guter Rat teuer.
In den ersten drei Folgen ist die Netflix-Serie noch überraschend unterhaltsam, wobei die 3D-Animation natürlich Geschmackssache ist. Viele Oberflächen vom römischen Pilum (Wurfspeer) bis zum Bart des Druiden sind sehr plastisch, die Haut der Figuren dagegen wirkt wie aus Plastilin-Knetmasse und die Augen schauen einfach nur merkwürdig aus. Doch auch Comic-Puristen müssen zugeben, dass sich die Macher viele Details haben einfallen lassen, langweilig wird es nicht.
Cäsars gigantomanische Empfangshalle würde selbst Wladimir Putin vor Neid erblassen lassen, und die Mutter des römischen Feldherrn ist herrlich dekadent. Gezielte Anachronismen waren schon immer das Salz in der Suppe bei Asterix, und es gibt sie auch in der Serie reichlich: Ein Mosaik hat die Optik des Computerspiels „Minecraft“, ein Gallier heißt „Zehnmillionenklix“, der verwirrte Druide Miraculix tanzt wie John Travolta in „Pulp Fiction“.
Am Ende wird die Handlung immer turbulenter. Austragungsort für den titelgebenden Kampf der Häuptlinge ist ein antikes Disneyland samt Achterbahn, Hau den Lukas und Lautsprecherdurchsagen wie „Der kleine Romulus will am Wolfsgehege abgeholt werden“. Das Spektakel im Ring wird live von einem Moderationsduo präsentiert, wie man es aus dem Fernsehen kennt. Doch je näher es in Richtung Kampf geht, desto mehr kommt der Serie der Charme abhanden, am Ende der Keilerei fehlt nur noch, dass jemand sagt: „Yippie Yah Yei Schweinebacke!“
Netflix hatte die Serie um die populären Helden von René Goscinny und Albert Uderzo bereits vor vier Jahren angekündigt, eigentlich sollte sie 2023 starten, doch die Produktion verzögerte sich. Serienschöpfer ist Alain Chabat, der schon beim Realfilm „Asterix und Obelix: Mission Kleopatra“ (2002) Regie führte und darin auch Julius Cäsar spielte. In der Netflix-Serie teilt er sich die Regie mit Animator Fabrice Joubert.
Wer seine Asterix-Comics lieber liest, als sie im Fernsehen anzuschauen, muss übrigens nicht mehr lange auf Nachschub warten: Das 41. Album („Asterix in Lusitanien“) soll am 23. Oktober erscheinen.
CORNELIA WYSTRICHOWSKI
„Asterix & Obelix: Der Kampf der Häuptlinge“
ab heute auf Netflix