Widerstand gegen Weimer

von Redaktion

Kulturschaffende kritisieren Wahl des designierten Staatsministers

Hat die Petition unterschrieben: Hans-Jochen Wagner.

Gehört zu den Erstunterzeichnern: Benito Bause.

Befürchtet Sparmaßnahmen: Ulrich Matthes.

Sieht sich in der bürgerlichen Mitte: Wolfram Weimer. „Ich möchte die wunderbar reichhaltige Kulturlandschaft stärken“, sagt er. © Hanschke/EPA, Soeder/dpa,

Noch bevor er seinen ersten Arbeitstag hat, gibt es schon Ärger: Der Verleger Wolfram Weimer soll wie berichtet Kulturstaatsminister im Kabinett des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz werden und damit der Grünen-Politikerin Claudia Roth folgen. Doch in der Kulturszene organisiert sich Widerstand – eine Petition des Ensemble-Netzwerks darstellender Künstler hat bis jetzt mehr als 55 000 Unterschriften gesammelt (Stand: Donnerstagnachmittag).

In einer Mitteilung des Vereins, der sich eigenen Angaben zufolge für die Bedeutung und Bedingungen von Künstlern und künstlerischen Mitarbeitern an Theatern einsetzt, heißt es, Weimer sei „nicht geeignet“ für dieses zentrale Amt der Kulturpolitik. „Er steht für konservative Medienpolitik, nicht für kulturelle Vielfalt und Offenheit und er bringt nicht die nötige Expertise mit, die nach unserer Auffassung für diese Position vonnöten ist.“

Der 60-jährige Weimer war Gründer des Magazins „Cicero“. Zuvor arbeitete er unter anderem als Chefredakteur von „Welt“, „Berliner Morgenpost“ und „Focus“. Dem Fernsehpublikum ist er als Gast in Talkshows etwa von Sandra Maischberger bekannt, in denen er gern als „bekennender Liberal-Konservativer und Werte-Verfechter der bürgerlichen Kultur“, wie er sich selbst beschreibt, auftrat. Andere nennen ihn erz- oder auch rechts-konservativ.

Initiator der Petition ist der nicht übermäßig bekannte Schauspieler Paul Maximilian Pira. Aber er hat höchst prominente Unterstützer wie den Theater- und Filmstar Ulrich Matthes. Der 65-Jährige äußerte in der 3sat-Sendung „Kulturzeit“ seine Befürchtung, Weimer könnte sich für Kürzungen bei der Kultur einsetzen und bezeichnete ihn als „Ideologen“. Zu den Erstunterzeichnern der Petition gehören auch „Tatort“-Kommissar Hans-Jochen Wagner und Schauspieler Benito Bause.

In der Kritik steht außerdem, dass Weimer Gründer und Verleger der Weimer Media Group ist, zu der unter anderem das Magazin „The European“ gehört. Das Unternehmen teilte bereits mit, dass Weimer die Verlagsgruppe mit sofortiger Wirkung verlasse und die Geschäftsführung niederlege. Auch den Posten des Chefredakteurs von „The European“ gebe er auf. Seine Ehefrau Christiane Goetz-Weimer werde alleinige Geschäftsführerin. Der Verein Lobbycontrol sieht dennoch einen Interessenkonflikt.

Weimer selbst weist die Vorbehalte, Vorwürfe und Befürchtungen zurück. „Ich möchte die wunderbar reichhaltige Kulturlandschaft vor allem stärken und unterstützen in ihrer außergewöhnlichen Vielfalt. Wer von mir den Sparkommissar erwartet, den muss ich enttäuschen“, sagte er der dpa. Im Koalitionsvertrag stehe der schöne Satz: „Unser Land soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein.“ Diesen Leuchtturm gelte es leuchten zu lassen und nicht abzudunkeln. Er sei ein Mann der bürgerlichen Mitte, so Weimer weiter. Seit Jahren schreibe und rede er gegen die AfD und die Umtriebe des Rechtspopulismus kämpferisch an. „Die liberale, weltoffene Demokratie ist mein Gehäuse. Als leidenschaftlicher Europäer ist mir Nationalismus fremd.“ Leider sei die „Zersetzung des öffentlichen Diskurses durch Ressentiments“ eine üble Folge des Rechtspopulismus. „Ihm gilt es sich entgegenzustellen“, sagte Weimer. „Auch indem wir in der weiten politischen Mitte den politischen Diskurs offen und respektvoll gestalten und nicht jeden in die rechte Ecke stellen, der lieber Thomas Mann als Bert Brecht liest.“
DPA/KNA/THY

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