„Noch schlimmer als befürchtet“

von Redaktion

Claus Kleber über die USA und den Einfluss der Tech-Industrie auf Trump

Im Gespräch: der ehemalige „heute-journal“-Moderator Claus Kleber mit der Journalistin Victoria Elliott. © Andersen/ZDF

Er war über viele Jahre das Gesicht des „heute journals“: Von 2003 bis 2021 moderierte Claus Kleber das Nachrichtenmagazin im ZDF. Dem Fernsehpublikum ist der bekannte Journalist aber erhalten geblieben, der 69-Jährige dreht Reportagen und Dokumentationen über brisante Themen. In seinem neuen Film, „Trump und das Silicon Valley – Staatsstreich der Tech-Milliardäre“, der heute im Zweiten läuft, geht es um die Anführer der digitalen Revolution, von denen sich viele ganz in den Dienst von Präsident Donald Trump gestellt haben.

Herr Kleber, für Ihre neue Reportage waren Sie im Silicon Valley unterwegs. Wie haben Sie die Stimmung im Land erlebt?

Wir waren im April ungefähr zwei Wochen in den USA, und es ist tatsächlich so, dass sich die Demokraten und andere oppositionelle Kräfte nach der Wahl Trumps immer noch in einer Art Schockstarre befinden. Die kommen leider nur ganz langsam wieder auf die Beine.

Was glauben Sie, warum ist das so?

Weil wohl jeder, der sich jetzt aus der Deckung wagt, den Eindruck hat, dass er das nicht übersteht. Derjenige würde dann an den Pranger gestellt und zur Zielscheibe der Trumpisten werden, und das dürfte der oder die wohl nicht lange durchhalten. Es ist aber wichtig, dass bei der nächsten Präsidentschaftswahl jemand von den Demokraten antritt, der auch eine realistische Chance hat.

Haben Sie denn vor der Wahl mit einer zweiten Amtszeit Trumps gerechnet?

Nein, das habe ich nicht. Mit seiner ersten Amtszeit vor ein paar Jahren habe ich schon gerechnet, aber dass er noch einmal eine Wahl gewinnt, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich habe das ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten.

Sie haben sich in der Wahlnacht im ZDF geschockt über seinen Sieg gezeigt. Hält der Schock an oder hat er sich etwas abgemildert?

Der hält an, es ist sogar so, dass er sich noch vertieft hat. Dass Trump mit einer derartigen Rücksichtslosigkeit und Brachialgewalt vorgehen würde, wie er das schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit getan hat, das habe ich nicht erwartet. Das konnte man sich nicht vorstellen. Es kommt gerade noch schlimmer als befürchtet.

Ihre neue USA-Reportage dreht sich um Trump und das Silicon Valley. Der Untertitel lautet „Staatsstreich der Tech-Milliardäre“. Was ist damit gemeint?

Damit ist gemeint, dass einige – nicht alle, aber einige – Milliardäre aus dem Silicon Valley die neue Politik ganz wesentlich mitbestimmen. Peter Thiel zum Beispiel, ein in Deutschland geborener US-Milliardär und Investor, zieht im Hintergrund die Fäden und beeinflusst politische Personalentscheidungen, auch im Weißen Haus. Thiel übt einen enormen Einfluss auf Trump aus, und ohne ihn gäbe es zum Beispiel keinen Vizepräsidenten JD Vance.

Konnten Sie Thiel interviewen?

Leider nein, sowohl er als auch Elon Musk und andere Tech-Milliardäre haben jedes Interview abgelehnt. Die strammen Trump-Anhänger haben nicht mit uns gesprochen, hinter Musk zum Beispiel bin ich schon seit gut zehn Jahren her, ohne dass es je zu einem persönlichen Kontakt gekommen wäre. Das ist allerdings auch deshalb nicht so schlimm, weil der Anti-Demokrat Musk aus seinem Herzen ja keine Mördergrube macht. Und er kommt mit zahlreichen öffentlichen Äußerungen, die er schon gemacht hat, in unserem Film natürlich vor.

Mit wem haben Sie denn gesprochen?

Mit vielen Mahnern und Experten, die alle in höchstem Maße alarmiert darüber sind, was gerade in den USA passiert. Ein Professor der Elite-Universität Stanford etwa hat uns erzählt, dass mittlerweile die Angst in Amerika regiert, und zwar in der Wirtschaft, der Wissenschaft, dem Finanzwesen, einfach überall.

Sie haben lange in den USA gelebt und dieses Land auch lieben gelernt. Hat diese Liebe in jüngster Zeit arg gelitten?

Schon, meine Love Affair mit Amerika steckt in einer tiefen Krise. Ein erheblicher Teil des amerikanischen Volkes ist offensichtlich nicht mehr für Dinge erreichbar, die mir wichtig sind. Ich bin über das, was gerade im Lande passiert, zutiefst erschrocken – das gilt aber auch für viele Amerikaner, die verzweifelt darüber sind, was derzeit in den USA passiert.

Sendehinweis

„Trump und das Silicon Valley“ läuft heute um 22.15 Uhr im ZDF.

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