Die Frau an seiner Seite: Helmut und Danièle Thoma. © GP
Thoma holte ihn zu RTL: Thomas Gottschalk, hier 1995 mit Harald Juhnke (li.) und Paul Kuhn. © Breiteneicher/People Picture
„König des Privatfernsehens“: Von 1984 bis 1998 war Helmut Thoma Chef von RTL, das sich unter ihm schnell als Konkurrenzkanal zu ARD und ZDF etablierte. © Nicole Manthey/Away
Er war ein waschechter Wiener, doch sein „Baby“ war ein deutscher Privatsender – Helmut Thoma machte einst RTL groß. Nun ist der Ex-Medienmanager tot, er starb, wie seine Familie mitteilte, bereits am 3. Mai, seinem 86. Geburtstag, an Herzversagen. Thoma hatte RTL – anfangs RTL plus – in den Achtziger- und Neunzigerjahren zu Deutschlands erfolgreichstem kommerziellem Sender gemacht.
Der spätere „König des Privatfernsehens“ war über Umwege in die Medienbranche gekommen. Er absolvierte in seiner österreichischen Heimat zunächst eine Ausbildung in einer Molkerei, holte dann die Matura nach, studierte Jura und stieg als Justiziar beim Österreichischen Rundfunk (ORF) ein. Nach einer Tätigkeit bei einer RTL-Werbetochter und beim Hörfunk wurde Thoma im Jahr 1984 Direktor der gerade gestarteten deutschen Programme von RTL und RTL plus. Mit dem Umzug von Luxemburg nach Köln und dem Einstieg von Bertelsmann begann der Aufstieg des Senders, den Thoma seit 1991 als alleiniger Geschäftsführer leitete.
In rasantem Tempo führte „Mister RTL“ den jungen Sender zum Erfolg. Einer seiner größten Coups war die Verpflichtung von Thomas Gottschalk – ein prominentes Gesicht der Öffentlich-Rechtlichen – für eine Late Night Show. Hans-Joachim Kulenkampff, der von der ARD kam, moderierte eine Literatursendung, Komiker Karl Dall eine anarchische Talkshow. Auch einige Moderatoren – etwa Ulla Kock am Brink oder Linda de Mol – verdanken oder verdankten ihre Popularität dem langjährigen RTL-Chef.
Doch Thoma stand auch für Formate, die für einige Jahre den Ruf von RTL als „Schmuddelsender“ oder „Krawallkanal“ zementierten. Hugo Egon Balder moderierte die Show „Tutti Frutti“, in der viel nackte Haut zu sehen war, spätabends liefen Erotikfilme wie „Liebesgrüße aus der Lederhose“ und „Blutjunge Verführerinnen“, Olaf Kracht und später Ulrich Meyer moderierten die Streitshow „Explosiv – Der Heiße Stuhl“, in der wie nie zuvor im deutschen Fernsehen gebrüllt und gepöbelt wurde. Auch nachmittags ging es hoch her, mit Talkshows wie „Hans Meiser“ oder „Ilona Christen“, in denen Normalos verbal aufeinander losgingen.
Kritik am Programm konterte Thoma stets mit dem Hinweis auf die Marktanteile. Sie stiegen unaufhörlich, im Jahr 1993 war mit 18,9 Prozent der Höhepunkt erreicht. Der Medienmanager kaufte attraktive Sportrechte – beispielsweise die Formel 1, inzwischen eines der Markenzeichen des Senders – und installierte mit „Anpfiff“ die erste regelmäßige Sportsendung im Privatfernsehen. Die Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) gilt bis heute als erfolgreichste Serie ihres Genres. Ungeachtet der vielen kritischen Stimmen wurde der RTL-Chef im Jahr 1989 zum „Medienmann des Jahres“ gekürt, 1990 erhielt er die Goldene Kamera. Im Jahr 1998 übergab er an Gerhard Zeiler, ebenfalls ein Österreicher.
Ein Jahr später übernahm er eine ganz andere Aufgabe – er startete als Medienberater für Nordrhein-Westfalens damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD). Und er mischte in mehreren Aufsichtsräten mit, blieb außerdem als Medienexperte lange zu unterschiedlichen Themen gefragt. Thoma war mehrmals verheiratet, unter anderem mit seiner früheren Assistentin Danièle Milbert, von der er sich 1997 trennte und mit der er 2004 wieder zusammengekommen war.
YURIKO WAHL-IMMEL