Legende und Lebemann

von Redaktion

TV-Moderator Carlo von Tiedemann stirbt im Alter von 81 Jahren in Hamburg

Freunde: Linda Zervakis und Carlo von Tiedemann. © Insta

Der Schnauzbart als Markenzeichen: Carlo von Tiedemann. Am Pfingstsonntag ist er gestorben, in den vergangenen Wochen ging es ihm gesundheitlich schlecht. © Marcus Brandt/dpa

Linda Zervakis findet besonders schöne Worte. „Carlo war ein herzensguter Mensch, er hat immer dafür gesorgt, dass sich alle am Set wohlfühlen und er hat nie, wirklich nie über andere gelästert“, schreibt die Moderatorin auf Instagram. „Carlo konnte man nicht nicht mögen (…) Du wirst fehlen.“ Die Zeilen gelten Carlo von Tiedemann: Moderator, Legende, Lebemann. Einer, den Kolleginnen und Kollegen genauso mochten wie das Publikum. Seit 1971 hat er bei Generationen von Zuschauern für gute Laune gesorgt. Am Pfingstsonntag ist er gestorben, im Alter von 81 Jahren und nach einem Leben voller Höhen und Tiefen, das in der jüngeren Vergangenheit von gesundheitlichen Problemen geprägt war. Vor allem das Herz machte ihm zu schaffen. Er hinterlässt seine zweite Ehefrau und vier Kinder.

Carl Ferdinand Hanns-Joachim Franz Friedrich von Tiedemann kam im pommerschen Stargard zur Welt. Dass er einmal in der Unterhaltungsbranche landen würde, war nicht vorgezeichnet. Sein Vater Carl, bei Carlos Geburt 65 Jahre alt, war Generalleutnant der preußischen Armee. Und seine Mutter Fides eine geborene von Kleist – womit von Tiedemann den Schriftsteller Heinrich von Kleist (1777-1811) zu seinen Vorfahren zählen konnte. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs musste die Familie Ende 1944 ihr Gutshaus verlassen und nach Holstein flüchten. „Ich hatte wunderbare Eltern“, erinnerte sich Tiedemann in einem Interview anlässlich seines 80. Geburtstags 2023.

Auf ihr Drängen hin absolvierte er nach der Mittleren Reife zunächst eine Lehre als Verlagskaufmann. Doch wegen seines Interesses an Sprache fühlte er sich zum Journalismus hingezogen. Er volontierte bei der „Cuxhavener Allgemeinen“, schrieb als Polizeireporter für das „Hamburger Abendblatt“ und ging für drei Jahre als Korrespondent für den Springer Auslandsdienst nach Buenos Aires in Argentinien. Danach folgte von Tiedemanns wohl beispiellose Karriere beim NDR, in der er neben Legenden wie Victoria Voncampe und Alida Gundlach (ehemals Fischer) sowie später etwa Bettina Tietjen vor das Mikrofon trat.

Einen Karriereknick erfuhr der schnauzbärtige Medienmann, der von 1991 bis 1998 auch Stadionsprecher für den HSV war und gelegentlich kleine Rollen in TV-Serien („Großstadtrevier“) spielte, aber auch: Sein Anfang 1984 gestarteter Ausflug zum ZDF mit der Reihe „Show und Co. mit Carlo“ endete 1986 nach elf Sendungen abrupt. Er habe damals gekündigt, weil er sich nicht in ein Korsett zwingen lassen wollte, das einige Fernseh-Verantwortliche ihm zugedacht hätten, sagte der Moderator Ende 2019 im NDR-Interview. Er habe sich aber nie verstellen wollen. Also ging er.

Und blieb stets Optimist. „Ich liebe dieses Leben ohne Ende. Ich war immer wahnsinnig positiv“, sagte er einmal. Die Einstellung half dem hemdsärmeligen Gefühlsmenschen, der nach getaner Arbeit gern mit Kollegen „einen trinken“ ging. In den Achtzigern machte er mit Prostituierten, Kokain und hohen Schulden Schlagzeilen. Doch am Ende übernahm von Tiedemann die Verantwortung für seinen Absturz, zahlte seine Schulden zurück. Sprechen wollte er über diese schwere Zeit später nicht mehr. Aufhören war allerdings auch nie eine Option. Nicht mal im hohen Alter. „Das geht bei mir einfach nicht, ich muss immer irgendwas machen“, sagte er dazu. 2023 moderierte er zwar nicht mehr live, war aber immer samstags in der Radiosendung „Carlo kennt sie alle“ auf NDR Schlager sowie in der gleichnamigen Rubrik auf NDR 90,3 zu hören. „Der Charme besteht darin, dass ich Leute anmoderiere, die ich alle persönlich kenne – ob nun Tony Holiday oder Bata Illic, ich kann zu jedem was erzählen.“DPA/THY

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