Im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad begibt sich der Auschwitz-Überlebende Uri (Oliver Masucci) in die Kreise von einstigen SS-Offizieren, um sie zu bespitzeln. © Magenta TV
Er soll sich mit einstigen SSOffizieren anfreunden – als Mann jüdischen Glaubens, der Auschwitz überlebt hat. Der Auftrag, den Uri (Oliver Masucci) vom israelischen Geheimdienst Mossad im Jahr 1970 erhält, scheint nicht zu bewältigen zu sein. Doch Uri muss ihn erfüllen: Wenn er sich der Mission verweigert, gerät sein Sohn in große Schwierigkeiten.
Es ist eine schier unmenschliche Geschichte, die Regisseur Gavriel Bibliowicz in der Serie „The German“ erzählt, die jetzt bei Magenta TV zu sehen ist. Im März hatte sie auf Europas größtem Serien-Festival „Series Mania“ in Nordfrankreich Premiere und wurde dort mit dem Preis für das Beste Drehbuch ausgezeichnet, das aus der Feder von Ronit Weiss-Berkowitz („The Girl from Oslo“) und Moshde Zonder („Fauda“) stammt. Sie nehmen uns mit in die Siebzigerjahre, in ein Kibbuz am See Genezareth, das Überlebende der Shoah aufgebaut haben. Menschen wie Uri und dessen Frau Anna (Ania Bukstein), die hier mit ihren zwei Kindern leben. Uri möchte die Vergangenheit hinter sich lassen, Anna recherchiert in der Gedenkstätte Yad Vashem – und merkt, dass sie nicht alles über ihren Mann weiß.
Es ist eine Geschichte über Traumata und wie sie, wenn sie nicht bearbeitet werden, von Generation zu Generation weitergegeben werden. Auf Täter-, wie auf Opferseite. Uri kann noch so sehr versuchen, den Horror von Auschwitz zu verdrängen, die Bilder kommen immer wieder hoch. Zu Beginn sehen wir, wie er als junger Mann von einem SS-Schergen aufs Übelste verprügelt wird. Die Wunde, die ihm dabei an der rechten Schläfe zugefügt wurde, ist inzwischen verheilt. Doch wann immer Uri nachdenkt oder an böse Dinge erinnert wird, greift er intuitiv an diese Stirnseite. Die physischen Wunden mögen verschwunden sein – die seelischen aber, die bleiben.
Durch immer wiederkehrende kleine Gesten wie diese zeichnet Oliver Masucci sehr fein das Bild eines Überlebenden, der sich erst gegen jede Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sperrt, sich dann aber umso vehementer hineinbegibt. Dass ein deutscher Schauspieler in dieser amerikanisch-israelischen Produktion diese Rolle übernommen hat, berührt umso mehr. Insbesondere, wenn man erfährt, dass der 56-Jährige sich für den Achtteiler im Schnellverfahren Hebräisch draufgeschafft hat. Die Serie wurde in deutscher, englischer und hebräischer Sprache gedreht – es lohnt daher, sie im Original mit Untertiteln anzuschauen.
„Sie haben mich gefragt, können wir das auf Hebräisch machen – und ich habe gesagt, auf keinen Fall“, erzählte Masucci bei einer Veranstaltung in der Sam Spiegel Schule für Film und Fernsehen in Jerusalem. Er habe den Initiatoren eine halbe Stunde lang erklärt, warum es unmöglich sei, dass er in der Produktion Hebräisch spreche. „Sie haben genickt, aber dann gefragt: Können wir es trotzdem machen?“ Daraufhin habe er gelacht und eingewilligt.
Beim Filmemachen im Ausland sei es ihm immer besonders wichtig, vor Ort einzutauchen und das echte Leben kennenzulernen. Deshalb habe er während der Dreharbeiten ein halbes Jahr lang in Israel gelebt, mit seinen drei Kindern – während des Gaza-Krieges. Sie hätten zunächst Angst gehabt, während des Kriegs nach Israel zu kommen, vor allem seine kleine Tochter, erzählte Masucci, der vor allem durch die Serie „Dark“ auch international bekannt geworden ist. Es sei ihm aber wichtig gewesen, mit seinen Kindern diese Erfahrung zu machen. Sie hätten gemeinsam zerstörte israelische Orte an der Grenze zum Gazastreifen besucht und mit Überlebenden des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 gesprochen. All diese Erfahrungen scheint er in sein Spiel mit aufgenommen zu haben. In dieser immer spannender werdenden, den Holocaust auf aufwühlende Weise reflektierenden, doch immer mit feinem jüdischem Humor gewürzten Serie. Sehenswert.KATJA KRAFT/ SARA LEMEL
„The German“
zu sehen bei MagentaTV