Nur über meine Leiche

von Redaktion

Unsere Redakteurin als Komparsin bei den „Rosenheim Cops“

„Und bitte“: Regisseurin Micaela Zschieschow. © as

Es gabat a Leich! Jahrelang hat Marisa Burger als Polizeisekretärin Miriam Stockl diesen Satz gesprochen. Nun steigt Burger aus den „Rosenheim Cops“ aus. „Ihre“ letzte Leiche durfte Kulturredakteurin Katja Kraft spielen. Hier unter anderem mit Kommissar Stadler (Dieter Fischer, 2. v. re.). © Astrid Schmidhuber

„Hat da gerade ein Magen geknurrt?“ Laute, sehr laute Frage des Tonmanns. Während ich mit angehaltenem Atem auf dem Boden liege. Jetzt bitte zusammenreißen, Körper. Jetzt nicht noch einmal Grummeln im Bauch. Zumindest bis die Szene im Kasten ist. Egal, wie früh du aufgestanden und nach Kolbermoor bei Rosenheim gedüst bist. Egal, dass es inzwischen halb elf ist und du noch immer nichts gefrühstückt hast. Ruhe jetzt in der Magengegend. Im wahrsten Sinne des Wortes: Totenstille. Denn nun gilt’s. An diesem nasskalten, grauen Tag Anfang September. Ich darf die Leiche für eine Folge der „Rosenheim Cops“ spielen. Und stehe kurz davor, alles zu versemmeln.

„Also mein Magen hat seit 1984 nicht mehr geknurrt“, kommt es trocken von Dieter Fischer, der Kommissar Anton Stadler spielt. Dankbar falle ich ins Lachen der Crew und der anderen Schauspieler mit ein. „Na dann noch mal auf Anfang“, entscheidet Regisseurin Micaela Zschieschow gut aufgelegt. „Und Katja, du weißt, wenn ich ,bitte‘ sage, hältst du die Luft an. Und die Augen geöffnet, den Blick starr geradeaus.“

Das hier ist nicht eine Szene für irgendeine Folge der „Rosenheim Cops“. Das hier wird Teil der letzten Folge mit Marisa Burger sein. Seit dem Serienbeginn 2002 hat sie die Sekretärin Miriam Stockl gespielt. Und Episode für Episode den legendären Satz gesprochen, wenn der nächste Mordfall im Präsidium gemeldet wurde: „Es gabat a Leich!“ Ihre letzte Leiche werde ich sein.

Als ich das Freunden und Familie erzähle, kommt immer dieselbe Reaktion: „Dann üb’ schon mal das Luftanhalten!“ Halte ich für übertrieben. Die Regieassistentin hatte mir vorab versichert, ich würde auf dem Bauch liegen. Wer sieht denn da, ob ich atme oder nicht? Ach, du mein naives Laien-Hirn. Hast völlig falsch gedacht. Denn liegt man erst einmal auf dem kalten Boden zwischen all den Menschen an so einem Set und sind sämtliche Augen und Kameras auf einen gerichtet, spürt man plötzlich, wie sehr der eigene Körper allein vom Herzschlag vibriert. Jeder Atemzug fühlt sich an, als würde ein Blasebalg sämtliche Gliedmaßen ruckartig anheben und wieder absenken. Und erst die Augen: Sagt dir einer, du darfst nicht blinzeln – was passiert dann ganz bestimmt? Um es kurz zu machen: Ich bin eine ziemlich verspannte Leiche.

Aber wer weiß, vielleicht wird gerade das am Ende als großes schauspielerisches Talent gewertet. Nach dem Motto: So schön steif hat sie dagelegen. Fast wie tatsächlich von hinten erstochen.

Wer mir dieses hinterhältige Verbrechen angetan hat, wird nicht verraten. Überhaupt muss ich noch ziemlich lange warten, ehe die Folge, in der ich ganze 45 Sekunden – meist eher schemenhaft – zu sehen sein werde, ausgestrahlt wird. Ende nächsten Jahres feiert Burger mit dieser Episode ihren Abschied von den „Rosenheim Cops“. Die Folge ist Teil der 25. Staffel, die am heutigen Dienstag um 19.25 Uhr im ZDF startet.

Klar werde ich einschalten. Und mir denken: Hat alles viel Spaß gemacht. Immer wieder gerne. Bloß bei einer Sache wäre ich künftig raus (kaum am Set, schon Diva!): Noch einmal mit weiß geschminkten Beinen in diese unvorteilhafte gräulich-beige Strumpfhose steigen? Nur über meine Leiche! KATJA KRAFT

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