Comeback für seinen Sohn

von Redaktion

Warum der dreifache Oscar-Preisträger Daniel Day-Lewis den Ruhestand aufgibt

Daniel Day Lewis quält sich als Ex-Soldat Ray in „Anemone“ mit den Schatten der Vergangenheit. © Focus Features

Acht Jahre sind seit seinem letzten Film „Der seidene Faden“ vergangen. Und eigentlich wollte Daniel Day-Lewis für immer im Ruhestand bleiben. Doch die Aussicht, unter der Regie seines Sohnes Ronan an einem gemeinsamen Film arbeiten zu können, holte den dreifachen Oscar-Preisträger auf die Leinwand zurück. Jüngst hat das Drama „Anemone“ in US-Kinos Premiere gefeiert, in Deutschland startet der Film um zwei Brüder, die sich ihrer traumatischen Vergangenheit stellen, am 13. November.

Scheinwerferlicht abseits des Sets, rote Teppiche, Interviews, Partys in der Schauspielszene – das alles ist Daniel Day-Lewis zuwider. „Ich bin definitiv ein ruhiger Mensch“, sagt der 68-Jährige. „Schon als Teenager war ich absolut schüchtern. Umso unnatürlicher hat es sich immer für mich angefühlt, wenn andere Menschen aufgrund meiner Arbeit versuchten, in mein Privatleben einzudringen.“ Mit viel Sorgfalt trennte er im Laufe seiner bemerkenswerten Karriere Berufliches und Privates, legte lange Pausen zwischen seinen von Kritikern und Publikum gefeierten Filmen ein. Ob in „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ (1988), „Mein linker Fuß“ (1989), in „Der Boxer“ (1997), „Gangs of New York“ (2002), „There will be Blood“ (2007) oder „Lincoln“ (2012) – Daniel Day-Lewis tauchte in jede Rolle tief ein, schenkte ihr Herz und Hingabe. Er ist der bislang einzige männliche Schauspieler, der dreimal als bester Hauptdarsteller mit dem Oscar geadelt wurde. Viel Ehre und für den Geschmack des gebürtigen Londoners auch ein Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit, das für den Rest seines Lebens reicht.

Und dennoch wagt er sich jetzt wieder aus der Deckung. Weil er es zutiefst bedauert hätte, nicht mit seinem Sohn zu arbeiten, wie er im Gespräch mit der „New York Times“ sagt. „Ich wusste, dass Ronan anfangen würde, Filme zu machen. Schon als er klein war, haben wir gemeinsam Dinge geschaffen. Ich wollte Teil von diesem gemeinsamen Projekt sein“, so Day-Lewis. In „Anemone“, dem Regiedebüt seines 27-jährigen Sohnes, spielt er den ehemaligen Soldaten Ray, der sich nach einem traumatischen Vorfall in der Irisch-Republikanischen Armee als Einsiedler in die Wälder zurückgezogen hat. Sein Bruder Jem (Sean Bean) spürt ihn auf, um sich mit ihm der Vergangenheit zu stellen.

Er selbst lebe nicht das Leben eines Einsiedlers, stellt der 68-jährige Day-Lewis klar, der mit Regisseurin und Schauspielerin Rebecca Miller (Tochter des Dramatikers Arthur Miller; Anm. d. Red.) glücklich verheiratet ist. „Ich habe absolut nichts mit Ray gemeinsam und versuche auch nicht der Welt zu entkommen“, erklärt er im Gespräch. „Ich lebe nur mit meiner Familie und meinen Freunden, an einem Ort, der mir heilig ist und an dem ich meine Ruhe genieße.“ Dass er mit seinem Sohn nicht nur über Jahre hinweg das Drehbuch zu „Anemone“ entwickeln und den Film schließlich als Hauptdarsteller prägen konnte, sei ein Geschenk. „Es war wirklich schön zu beobachten, wie leidenschaftlich Ronan dieses Projekt anpackt. Da waren so viele Momente von stiller Freude, die wir teilen konnten.“ Ein tröstliches Gefühl für Daniel Day-Lewis, dessen Vater starb, als er gerade 15 Jahre alt war. „Ich habe immer bereut, dass ich ihm nie etwas von künstlerischer Bedeutung von mir zeigen konnte.“ASTRID KISTNER

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