„TATORT“-KRITIK

Fallobst

von Redaktion

„Letzte Ernte“ ist von der Realität weit entfernt

Ermittlungen auf einem Biohof: Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler, re.) und Marlies Feldhusen (Lina Wendel). © NDR

Die Landwirtschaft – nicht zum ersten Mal Thema eines „Tatort“, vor zwei Jahren ermittelte das Wiener Duo Eisner und Fellner in einem Krimi mit dem vielsagenden Titel „Bauernsterben“, in dem es um billiges Schweinefleisch ging. Auch die Macher von „Letzte Ernte“, dem neuen Fall für Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), geben dem Geschehen rund um einen rätselhaften Todesfall auf einem Biohof eine im weitesten Sinne politische Komponente – es geht um den Konkurrenzkampf zwischen Betrieben, die Obst konventionell erzeugen, und solchen, die ganz auf Natur setzen.

Doch um Politik mit Mord und Totschlag so zusammenzubringen, dass das Ganze funktioniert, braucht es ein gutes Drehbuch – und ein solches ist Benedikt Röskau, Stefan Dähnert und Johannes Naber (auch Regie) leider nicht gelungen. Das Subtilste an ihrem Film sind die durch die Apfelplantagen kreuzenden und Pestizide spritzenden Landwirte auf ihren Traktoren, die Personnage dagegen vereint die gröbsten Klischees. Der Altbauer todkrank, seine Frau überzeugte Ökologin, der Sohn depressiv, die Schwiegertochter innerlich längst auf dem Sprung. Dazu der Landhändler, der, na klar, mit schmutzigen Tricks arbeitet, um den verschuldeten Hof der Ökos selbst übernehmen zu können. Und, nicht zu vergessen, der Ortspolizist, der ein bisschen korrupt ist.

Röskau, Dähnert und Naber stellen diese Figuren in einen extrem konstruiert wirkenden Plot, schaffen eine Atmosphäre, in der alle Akteure gleichermaßen verdächtig erscheinen. Alles wirkt alt und kalt in diesem Anwesen, die Autoren verstärken diesen Effekt, indem sie – ein (zu) oft gewählter Krimibaustein – die Ermittlerin auch noch als Gast dort absteigen lassen. Die Kommissarin als Erntehelferin – ein bisschen lächerlich ist das schon.

Dazu passt, dass Alleinkämpferin Lindholm – „Derrick“ und „Der Kommissar“ selig lassen grüßen – zum Finale alle Beteiligten in der Scheune zusammentrommelt, um den beziehungsweise die Täter zu überführen. Dass „Letzte Ernte“ nicht wirklich Thrill entwickelt – kann ja mal passieren! Viel schwerer wiegt, dass diese Geschichte, die doch zeitkritisch, sozusagen „relevant“ sein soll, von der Realität weit entfernt ist.RUDOLF OGIERMANN

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