„Taubsein ist keine Grenze“

von Redaktion

Der gehörlose Jason Giuranna über seine Gastrolle in der BR-Serie „Dahoam is Dahoam“

„Die Idee, eine taube Figur in eine bekannte Serie einzubringen, hat mich sofort begeistert, weil sie ein echtes Zeichen für Inklusion ist“, sagt Jason Giuranna. © Marcus Schlaf

Ein gehörloser Moderator? Ja, das geht – und wie! Jason Giuranna beweist seit vielen Jahren vor der Fernsehkamera, dass Sprache weit mehr ist als vom Mund geformte Worte. In Gebärdensprache führt er durch Sendungen wie „Sehen statt Hören“ und „Jason und die Haustiere“ und unterhält damit Taube und Hörende gleichermaßen. Nun geht ein großer Wunsch des gebürtigen Sizilianers in Erfüllung: In der BR-Serie „Dahoam is Dahoam“ spielt der 28-Jährige eine Gastrolle, zu sehen sind die Folgen mit ihm heute und morgen.

Die Idee zu seinem Ausflug ins fiktive Örtchen Lansing entstand im Rahmen des 50. Sendungsjubiläums von „Sehen statt Hören“. Die Redaktion habe innerhalb bestehender BR-Formate nach Kooperationen gesucht, und die Kolleginnen und Kollegen von „Dahoam is Dahoam“ seien sofort begeistert gewesen, erzählt Giuranna. „Der Vorschlag, eine taube Figur in eine bekannte Serie einzubringen, hat mich sofort begeistert, weil er ein echtes Zeichen für Inklusion ist“, so der 28-Jährige, der als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland kam, weil das Schulsystem hier bessere Bildungschancen für taube Menschen bietet.

An die Dreharbeiten im Sommer erinnert sich der leidenschaftliche Motorradfahrer sehr gern. „Am meisten Spaß hat mir die Zusammenarbeit mit dem gesamten Team gemacht. Die Atmosphäre am Set war unglaublich herzlich – man hat gespürt, dass alle offen und neugierig auf die Gebärdensprache waren. Wir haben gemeinsam gelacht, gearbeitet und überlegt, wie man die Szenen am besten umsetzt – alles sehr professionell. Dieses Miteinander zwischen hörenden und tauben Menschen war für mich der schönste Teil.“

Gab es auch Herausforderungen? „Nicht wirklich“, so Jason Giuranna, der aus einer Familie stammt, die seit fünf Generationen gehörlos ist. „Ich hatte eher das Gefühl, dass meine Zeit am Set zu schnell vorbei war.“ Er wäre gern länger geblieben, denn die Kollegen seien offen und interessiert an der Gebärdensprache gewesen. „Es wäre schön gewesen, noch mehr zeigen zu können, wie vielseitig und ausdrucksstark sie ist.“ Aber selbst in der kurzen Zeit habe er gespürt, dass echtes Interesse da war – und das habe ihn sehr gefreut. Sein Fazit: „Eine feste Rolle in einer Serie wäre für mich ein großer Wunsch. Ich liebe es, Figuren zu entwickeln und zu zeigen, dass Taubsein keine Grenze ist, sondern einfach eine andere Form des Ausdrucks. Wenn eine Produktion den Mut hat, eine taube Hauptfigur über längere Zeit zu erzählen, kann das unglaublich viel bewegen – sowohl künstlerisch als auch gesellschaftlich.“

Apropos Gesellschaft: Wie steht es seiner Meinung nach um die Akzeptanz von gehörlosen Menschen in Deutschland? „Wir sind auf einem besseren Weg als früher, aber es gibt noch viel zu tun“, so Giuranna. „Inklusion passiert nicht von selbst – sie braucht Begegnungen, Verständnis und echte Sichtbarkeit.“ Wenn man taube Menschen regelmäßig in den Medien sehen würde, etwa in Talkshows, Serien oder auf Bühnen, verändere das langsam die Wahrnehmung. „Genau dafür kämpfe ich mit meiner Arbeit: dass Gebärdensprache nicht exotisch wirkt, sondern selbstverständlich wird.“STEFANIE THYSSEN

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