Die Stuttgarter Ermittler (Oliver Bootz, li. und Richy Müller) versuchen Licht in diesen dunklen Fall zu bringen.
Fassungslos stehen die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) vor dem, was nach fünf Monaten noch von Nelly übrig ist. So lange lag die junge Frau tot in ihrer Stuttgarter Wohnung – unbemerkt, vergessen. „Einsamkeit ist kein Privileg der Alten mehr“, sagt „Tatort“-Ermittler Bootz und bringt die Botschaft des ARD-Krimis, den das Erste am Sonntag um 20.15 Uhr zeigt, auf den Punkt. Die Episode „Überlebe wenigstens bis morgen“ ist ein beklemmender Film über die Last des Alleinseins bei jüngeren Menschen.
Anfang November veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine aktuelle Studie zum Thema „Einsamkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Das Fazit: Nicht nur viele ältere Menschen fühlen sich isoliert und alleingelassen. Unter den unter 30-Jährigen gaben 46 Prozent an, dass sie einsam sind. Besonders seit der Corona-Pandemie sind die Zahlen gestiegen. In der Bertelsmann-Studie wird erklärt, das Einsamkeit oft mit einem Gefühl von Entfremdung und Verzweiflung einhergeht, was zu psychischen Problemen führen kann. Dabei hat das Ergebnis der Untersuchung nicht nur gravierende Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit, sondern gefährdet auch das Wir-Gefühl in der Gesellschaft. Wenn der soziale Zusammenhalt fehlt, hat das weitreichende Folgen – bin hin zum Suizid.
Danach sieht es bei Nelly Schlüter (Bayan Layla, Beste Nachwuchsschauspielerin Bayerischer Filmpreis 2024) allerdings nicht aus. Die junge Frau ist an Händen und Füßen gefesselt, stranguliert an einem Bettgestell. In Rückblenden erzählt dieser „Tatort“ ihr Leben. Die traurige Geschichte einer hübschen jungen Frau, die verzweifelt Nähe sucht, Zurückweisung erfährt, sich in Traumwelten flüchtet und von ihren Kurzzeit-Liebhabern als „zu anhänglich“ charakterisiert wird. Als auch noch ihre einzige und beste Freundin Fine (Trixi Strobel) schwanger wird und heiraten will, fürchtet Nelly, endgültig abgeschrieben zu sein. Regisseurin Milena Aboyan inszeniert nach dem gelungenen Drehbuch von Katrin Bühlig einen eindringlichen Krimi, der noch eine Weile nachhallt.ASTRID KISTNER