PREMIERE

Von Niederbayern nach Absurdistan

von Redaktion

Kabarettist Django Asül begeistert im Lustspielhaus mit seinem Jahresrückblick

Wie war 2025? Fragt man den Kabarettisten Django Asül, so war das scheidende Jahr vor allem eines: absurd. Und so geriet die Premiere von Asüls nun schon 28. Jahresrückblick „Rückspiegel 2025“ am Mittwoch im Lustspielhaus zur vergnüglichen Reise von Hengersberg nach Absurdistan.

Asül beginnt mit einem Lamento: Er sei kurz davor, Unterlassungsklage gegen die Bundesregierung zu stellen. Statt das Jahr ausklingen zu lassen, produziere die „WakoKo“ (Wachkoma-Koalition) noch immer so viele Nachrichten, dass er sein Programm ständig aktualisieren müsse. Doch das Motto stehe fest: „Sondervermögen des Bundes trifft auf Sonder-Unvermögen der Bundesregierung“. In der Hauptrolle selbstverständlich der Kanzler, angetreten als „Rambo-Merz“ und mit stetig sinkender Messlatte zum Limbo-Fritz geworden. Merz mache nicht weniger Fehler als seine Vorgängerin, aber im Gegensatz zur immer noch umjubelten Merkel nicht die richtigen, resümiert Asül.

Der Gag passt zu der spezifischen Form des Jahresrückblicks, die der Bühnen-Routinier entwickelt hat: Er hat keine Scheu vor Klischees, wenn es die richtigen sind, also jene, die seinem ureigenen Wortwitz Raum geben. Der Aufteilung der Unterhaltung in Comedy und Kabarett hat Asül nie etwas abgewinnen können. Er bedient sich in beiden Welten, lässt keinen Gag liegen. Mitunter blitzt aber auch die analytische Schärfe eines Urban Priol auf.

Und so ledert er sie lustvoll ab: Boris Pistorius, dessen Bundeswehr so verteidigungsfähig sei „wie ein anthroposophischer Gartenbauverein“. Außenminister Wadephul, den Merz aus Sparsamkeit ausgewählt habe, weil er mit dem Schmink-Etat seiner Vorgängerin Baerbock zehn Jahre auskomme. Baerbock selbst, die sich ihren „Aupair-Job in New York“ so intrigant erkämpft habe, dass die CSU nun sauer auf die Grünen sei: „Die kopieren unsere Methoden.“ Hubert Aiwanger, der beim Stichwort „Zustrombegrenzungsgesetz“ gedacht habe, „der Merz will keine Windräder mehr“. Und immer wieder Donald Trump. Wie der sich mit der später gefloppten Kryptowährung TrumpCoin bereichert habe, mache ihn zum „allerersten Staatspräsidenten, der seinem eigenen Volk ein Schneeballsystem aufgedreht hat“. Asüls Tipp: „Wenn Deutschland von Trump ernst genommen werden will, sollte der nächste Kanzler kein Politiker sein, sondern irgendwas zwischen Kryptobetrüger und Immobilienmakler.“ Auf der Suche nach Absurditäten mäandert Django Asül durch die Welt, und die Reiseroute könnte man als Höchststrafe für Markus Söder verstehen: Er kommt in gut 90 Minuten Programm kaum vor. Umso prominenter dagegen die Bahn, der Asül empfiehlt, künftig Lose statt Tickets zu verkaufen: „Wenn man ein Los kauft, rechnet man auch mit Nieten.“

Themen abseits der Politik findet Asül in Studien („als ich gelesen habe, dass ein Drittel der über 25-Jährigen noch bei den Eltern wohnt, bin ich gleich ins Wohnzimmer und hab’s meinem Vater erzählt“), in Fernsehformaten wie der RTL-Show „Temptation Island“ („die Frauen haben so gut wie nix an, die Männer haben so gut wie nix im Kopf“) und beim Klimagipfel in Belem („ein Gewinn für die Umwelt – die meisten Teilnehmer kamen im Privatjet“).

Doch manche Nachricht aus der weiten Welt bringt das Kabarett an seine Grenzen: Klimageld für Wrestling-Stadien in Gambia, 20 Jahre lang unbemerkte Phantom-Lehrerstellen in Baden-Württemberg, Kim Kardashians Schamhaar-Slips, Erdogans Versuch, mollige Menschen auf offener Straße auf die Waage zu zwingen – wie soll man da noch eins draufsetzen? Hier hilft Asül sein schärfstes Schwert, die Sprache. Sein unverkennbarer Stil, blumig und direkt zugleich, hebt zur Freude des Publikums auch diese Themen über die bloße Nacherzählung hinaus.

Am Ende liefert der Blick in Django Asyls Rückspiegel den Gästen nicht nur einen höchst unterhaltsamen Abend, sondern auch so viel Gesprächsstoff, dass viele nach dem Schlussapplaus noch lange an den Tischen im Lustspielhaus sitzen bleiben. Für den Künstler ist das womöglich das größte Lob.PETER T. SCHMIDT

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