Singen setzt Glückshormone frei – gerade in der heutigen Zeit nicht unwichtig. © Martin Schutt
Eine gute Nachricht zuerst: Die Corona-Pandemie hat der Kirchenmusik – speziell den Chören – weniger nachhaltig geschadet als befürchtet. „Wir hatten Angst, dass das flächendeckend in die Chöre reinschlägt“, sagt Jochen Steuerwald, Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche der Pfalz. „Doch viele Chorleiter und Vorstände haben rührende Aktivitäten entwickelt, um die Gemeinschaft zu erhalten. Das ist den allermeisten auch geglückt“.
Schwieriger sei die Lage bei gemischten Chören, besonders in ländlichen Regionen. An der Musik selbst liege es nicht, Studien belegten, dass Singen Glückshormone freisetzt, das Immunsystem stärkt und das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert. „Viele Menschen berichten, dass es vielleicht mühsam ist, zur Probe zu gehen – aber wenn sie hinterher nach Hause kommen, sind sie ganz glücklich und erfüllt“, so der Landeskirchenrat. Besonders gefragt seien dabei zeitlich begrenzte Chorprojekte.
Auch in der katholischen Kirche verändern sich Chorstrukturen. „Es gibt viele (Kirchen-)Chöre mit durchschnittlich eher älteren Menschen, die sich nach und nach verabschieden oder auch andere Formen des gemeinsamen Singens finden, ohne sich dem Anspruch und dem Druck auszusetzen, öffentlich auftreten zu müssen“, sagt Simone Bastreri, Sprecherin des Bistums Trier, das sich über weite Teile von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes erstreckt.
Zugleich wachse an manchen Orten das Interesse an gemeinschaftlichen Chören unterschiedlicher Prägung. „Darin steckt sicher viel Zukunft, auch mit Blick auf eine gesamtkirchliche Entwicklung, in der das Stichwort Vernetzung eine wichtige Rolle spielt“, so Bastreri. Zudem gebe es Neugründungen auf allen Altersebenen: „Das Bild ist bunt.“
Für die Zukunft brauche es neue Konzepte, um junge Menschen ans Singen heranzuführen, sagt Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner. In Gießen unterrichte er etwa beim Projekt „Singpause“ an zwei Grundschulen und vernetze so die Arbeit in Schule und Pfarrei. Diese Zusammenarbeit mit Schulen und Kommunen solle ausgebaut werden. Allerdings reichen die Einnahmen aus der Kirchensteuer teils kaum für Rücklagen. Wenn auch noch Chorleiter bezahlt werden sollen, bereitet das große Probleme. KATJA SPONHOLZ