So bleibt das geerbte Haus steuerfrei: Wer von seinen Eltern ein Eigenheim erbt, sollte schnellstmöglich selbst einziehen – so müssen Sie für die Immobilie in der Regel keine Erbschaftssteuer zahlen, und das Finanzamt verdient somit nicht mit. „Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von ererbtem Wohneigentum können aber auch dann vorliegen, wenn sich die Selbstnutzung aus nachvollziehbaren Gründen verzögert“, sagt Schwäbisch-Hall-Rechtsexperte Stefan Bernhardt mit Hinweis auf ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs.
In dem vom Bundesfinanzgerichtshof (BFH) zu entscheidenden Fall beerbten ein Mann und seine Schwester jeweils zur Hälfte ihren verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte auch ein Zweifamilienhaus, in dem der Erblasser bis zuletzt gemeinsam mit seiner Tochter gelebt hatte. Knapp ein Jahr nach Eintritt des Erbfalls zog der Sohn mit seiner Familie in die vormals von seinem Vater bewohnte Wohnung. Es dauerte allerdings noch einige Monate, bis die familiären Auseinandersetzungen über die Aufteilung des Gesamterbes mit einem notariellen Vertrag beendet wurden. Darin einigten sich die Geschwister darauf, dass der Sohn Alleineigentümer des Hauses wird, während seine Schwester dafür andere Grundstücke aus dem Nachlass erhält.
Doch jetzt trat das Finanzamt auf den Plan: Die Behörde wollte die Steuerbefreiung für die selbst genutzte Wohnung nur dem ursprünglichen Erbteil entsprechend, also nur zur Hälfte, gewähren. Mit seiner Klage bekam der Mann vor dem Finanzgericht recht. Weil das Finanzamt in Revision ging, musste letztlich der BFH entscheiden.
Dieser stellte klar: Grundsätzlich gelte zwar eine Sechs-Monats-Frist, innerhalb derer die steuerbegünstigte Selbstnutzung von geerbtem Wohneigentum beginnen müsse. Könne ein Erbe aber glaubhaft darlegen, dass von ihm nicht zu verantwortende Gründe verhinderten, dass er fristgerecht habe einziehen können, dürfe ihm dies steuerlich nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Ein Grund für eine solche Verzögerung könnten etwa Auseinandersetzungen mit Miterben sein.
Experte Bernhardt: „Für die Erben von Wohneigentum ist das BFH-Urteil erfreulich. Schließlich wird fast die Hälfte des jährlichen Nachlassvermögens von über 38 Milliarden Euro hierzulande in Form von Immobilien weitergegeben. Außerdem kommt es öfter vor, dass ums Erbe gestritten wird.“ Jetzt sei klar: Selbst genutztes Wohneigentum könne auch dann von der Erbschaftssteuer befreit bleiben, wenn Erbstreitigkeiten nicht schon innerhalb der ersten sechs Monate ausgetragen oder gar endgültig entschieden würden. Was ja auch wegen der Komplexität der Materie häufig der Fall ist…