Richard Prechtl mit der Lehrer-Big-Band Bayern in Peru

Mit Jazz ins Land der Inkas

von Redaktion

Die Lehrer-Big-Band Bayern setzt sich aus Lehrern aller Regierungsbezirke und Schularten zusammen. Der Rosenheimer Richard Prechtl, Deutschlehrer an der Wirtschaftsschule Bad Aibling, ist Trompeter und war mit diesem Jazzorchester 14 Tage unterwegs in Peru auf einer Konzertreise.

Richard Prechtl bei der Probe in Aguas Calientes. Im Hintergrund die Darstellung einer Sonnenscheibe der Inkas. Neben Bandleader Hugo Siegmeth war Prechtl der einzige Vertreter aus Oberbayern. Foto Buttmann

Rosenheim/Peru – „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben“. Mit diesem Zitat des Naturforschers Alexander von Humboldt beendet ein Reisebegleiter am letzten Abend vor dem Rückflug nach Bayern in einem Hotel in Cuzco seine Dankesrede. Hat er doch wie die 25 Musikerinnen und Musiker sowie die anderen Begleitpersonen während der zweiwöchigen Konzertreise eine Fülle von prägenden Eindrücken mit nach Hause nehmen dürfen.

Organisiert hat die Reise der Trompeter Frieder Held aus Königsbrunn in Zusammenarbeit mit Hannes Schönauer, einem österreichischen Reiseleiter, der sich in Chile niedergelassen und sich auf Südamerika-Touren spezialisiert hat. Dazu kommt die freundliche Unterstützung durch das Goethe-Institut. Geleitet wird die Big Band vom Münchner Saxofonisten Hugo Siegmeth.

Enthusiastisches Publikum

Unsere erste Station ist Lima, die 1535 vom spanischen Eroberer Francisco Pizarro gegründete Hauptstadt. Dort haben wir auch unser erstes von sieben Konzerten im historischen und berühmten Stadttheater. Die barocke Präsidentenloge gleich links neben der Bühne bleibt allerdings leer, da Pedro Pablo Kuczynski wenige Tage zuvor zurückgetreten ist. Hier wie an allen Spielorten treffen wir auf ein enthusiastisches Publikum, haben wir doch ein vielseitiges Programm im Gepäck. Neben klassischen Swingern wie Duke Ellingtons „In A Mello Tone“, moderneren Stücken wie John Coltranes „Central Park West“ und eigenen Kompositionen hat Frieder Held peruanische Hits extra für Big Band arrangiert, von denen „Carinito“, „Mäuschen“, das Publikum am meisten mitreißt. Auch die peruanische Luftwaffe hat uns für ein gemeinsames Konzert mit dem Luftwaffenorchester eingeladen. Ausgediente Flugzeuge geben eine nostalgische Kulisse bei diesem wahrlich heißen Open-Air-Fest.

Workshops

mit Schülerbands

Es ist uns eine besondere Freude zu sehen, mit welcher Begeisterung die Schülerbands musizieren. Besonders die Band der deutschen Schule „Alexander von Humboldt“ engagiert sich auf hohem Niveau und rhythmischer Brillanz beim Workshop und beim gemeinsamen Konzert. Ähnliches erleben wir an der deutschen „Max-Uhle-Schule“ in Arequipa, unserer nächsten Station.

Die „weiße Stadt“, wie Arequipa wegen des hellen Tuffsteins und der hellhäutigen spanischen Bewohner genannt wurde, liegt zwischen 6000 Meter hohen Vulkanen. Ihr kolonialer Stadtkern, 1540 von Diego Almagro gegründet, gehört seit dem Jahr 2000 zum Unesco-Weltkulturerbe. Ein Gang durch die Stadt führt uns zu einer Manufaktur, in der Indiofrauen das Fell der Lamas, Alpakas und Vikunjas zu Wolle verarbeiten. Den bunten Mützen, Tüchern und Decken, die daraus gemacht sind, werden uns während der Reise noch oft zum Kauf angeboten werden. Später lesen wir, dass der Literaturnobelpreisträger von 2010, Mario Vargas Llosa, hier in Arequipa 1936 geboren ist. Sein Roman „Tod in den Anden“ hat mich tief beeindruckt.

Im Hochland

der Anden

Heute, es ist bereits der siebte Tag der Reise, wir fahren mit dem Bus etwa sieben Stunden übers Hochland der Anden. Umgeben von rauchenden Vulkanen und kargen Bergen macht vielen die Höhe zu schaffen. Da hilft auch das Kauen von Coca-Blättern nichts mehr. Während manche sich übergeben müssen, scheint den Indios und ihren Alpakas, die immer wieder zu sehen sind, die Höhenluft nichts auszumachen, nicht einmal am höchsten Aussichtspunkt, dem 4900 Meter hohen „Mirador de los Andes“.

Nach einer Übernachtung in der 3635 Meter hoch gelegenen Stadt Chivay durchfahren wir das atemberaubend schöne Colca-Tal mit seinem Canyon und erreichen das Tal der Kondore, wo nach einsamer Fahrt plötzlich Massen von Touristen darauf warten, diese majestätischen Vögel zu sehen. Die Geduld zahlt sich aus: Mit einer Flügelspannweite von über drei Metern segeln einige Prachtexemplare selbstbewusst über die kleinen Menschen: „El Condor pasa…“

Dann wieder mehrere Stunden Fahrt übers Hochland. Abends erreichen wir die Stadt Puno am Titicacasee. Vor dem Hotel hören wir Musik, eine späte Karfreitagsprozession zieht vorbei wie bei einem inszenierten Empfang.

Unterwegs

am Titicacasee

Auch der nächste Tag – es ist schönstes Wetter – beschert uns viele Kostbarkeiten. Eine junge indogene Führerin begleitet uns auf einem Boot zu den schwimmenden Inseln der Uros, der Ureinwohner, die seit über 3000 Jahren die Gegend bewohnen, eine eigene Sprache sprechen und fast alles selbst aus Schilf anfertigen. Sie leben vom Fischfang und vom Verkauf ihrer Textilprodukte an die Touristen.

Bei der Weiterfahrt auf die Insel Taquile genießen wir den Ausblick auf die paradiesische Landschaft: das kräftig leuchtende Blau des Sees, der mit seinen 8288 Quadratkilometern etwa 17-mal so groß ist wie der Bodensee und mit seinem östlichen Teil schon zu Bolivien gehört. Auch die Aussicht auf der Insel ist grandios.

Der nächste Teil der Reise führt uns ins Kernland der Inkas. Nach einer Übernachtung in Cuzco erreichen wir nach einigen Stunden Ollantaytambo, die alte Inkastadt mit ihren gut erhaltenen Terrassen, und fahren von dort knapp zwei Stunden mit der Bahn durch den beginnenden Urwald nach Aguas Calientes, wo wir noch am Abend im Teatro Pachacutec ein Konzert geben.

Der nächste Tag gehört sicher zu den Höhepunkten der Reise: Aufgeteilt in kleinere Gruppen erleben wir Machu Picchu. Am Beispiel dieser spätestens 1911 von Hiram Bingham entdeckten Inkastadt auf 2400 Metern Höhe erhalten wir einen Einblick in die Hochkultur der Inkas, unter anderem über ihre architektonischen, handwerklichen, landwirtschaftlichen oder auch astronomischen Fähigkeiten. Bewundernswert ist besonders, wie sich die Bauweise organisch in die Landschaft fügt.

Noch in der Nacht des- selben Tages kommen wir nach langer Zug- und Busfahrt wieder in Cuzco, der alten Hauptstadt der Inkas, an. Es folgen zwei ausgefüllte Tage mit Besichtigungen und Konzerten. Und wieder wird deutlich, dass die Kultur der Inkas der der spanischen Konquistadoren in mancher Beziehung weit überlegen war. Obwohl es bei den Inkas aufgrund der Infrastruktur und der Terrassenbauweise keine Hungersnot gegeben hatte und die aus riesigen Blöcken errichteten Mauern erdbebensicher gewesen waren, zerstörten die Eroberer diese Kultur. So sind nur noch die Reste der einstigen Größe sichtbar.

Auch die letzten Konzerte in Cuzco sind ein großer Erfolg. So erreichen wir in der Musikschule „Leandro Alviña Miranda“ eher das jüngere Publikum, während im Teatro Minicipal vor allem die Honoratioren der Stadt erscheinen.

Am Freitag treten wir die Rückreise an. Zunächst ein kürzerer Flug nach Lima und von dort 1100 Kilometer in rund zwölf Stunden nach Amsterdam. Durch die Zeitverschiebung und die in den Ferien eingeführte Sommerzeit verlieren wir nochmals sieben Stunden. Voll mit Eindrücken, Erkenntnissen und Emotionen, die alle noch verarbeitet werden müssen, erreichen wir Samstagnacht unsere Heimat, mit einer Weltanschauung, die hoffentlich nicht so gefährlich ist wie die mancher Zeitgenossen…

Artikel 1 von 11