Auf der Suche nach dem eigenen Selbst sprudeln am Jordan noch heute üppige Quellen der Spiritualität.
Japanische Sumo-Ringer im Härtetest? Sonst eher bekannt als beleibte Kraftprotze, die sich in Kampfpose mit der vollen Wucht ihrer Körper gegenseitig aus dem Gleichgewicht hebeln. Ihr sportlicher Ehrgeiz kann jedoch auch darauf gerichtet sein, auf ungewohnte Weise Anerkennung zu finden. Etwa beim Bezwingen eines viel zu schmalen Tunnels, wie er erst vor wenigen Jahren fern ihrer eigenen Heimat am Rande der Jerusalemer Altstadt freigelegt wurde. Vor zweitausend Jahren allerdings eher geschaffen für wendige Davids als für massige Goliaths.
Gebet an der Klagemauer
Als sie unterhalb des Tempelberges wie selbstverständlich der Ausstiegsöffnung entsteigen, brandet ihnen spontaner Jubel entgegen. Inspirierend für sie vor allem deshalb, weil unweit dieser Stelle normalerweise eine andere Gruppe die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es sind dies die an der historischen Klagemauer hingebungsvoll betenden Gläubigen, in andächtig bittender Pose angeschmiegt an die mächtigen Steinquader, die hier nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer übrig blieben.
Berauschende Bergeinsamkeit
Yaakov ist einer von ihnen. Als orthodoxer Jude, so sagt er in einer kurzen Gebetspause, hat er sich hierher auf den Weg gemacht, um anlässlich des jüdischen Laubhüttenfestes vertrauensvoll dem einen Gott seine persönlichen Anliegen vorzutragen. Lange Zeit steht er noch dort, und stellt dabei seine konzentrierte Gebetshaltung immer wieder durch wippende Körperbewegungen unter Beweis. Offenbar weiß er sich an dieser Stelle dem Himmel besonders nahe. Inmitten einer heiligen Stadt, die seit Abrahams Zeiten stets als Quelle der Spiritualität geschätzt wurde.
Und natürlich auch als Ausgangspunkt für die spirituelle Erschließung des „Heiligen Landes“. Warum also nicht einfach hinein in die Wanderstiefel und bei der Suche nach dem eigenen Selbst die in der Judäischen Wüste reichlich vorhandenen Quellen der Spiritualität anzapfen? Zum Beispiel in dem geheimnisvoll verborgenen Wadi Kelt auf dem einsamen Wegestück zwischen Jerusalem und Jericho. Ein Tal voll von rauer Schönheit. Und in seiner berauschenden Bergeinsamkeit wie geschaffen für meditative Eingebungen inmitten der freien Natur.
Leichtigkeit des Seins
Geradezu lieblich dagegen die Landschaft im unteren Galiläa. Hier schlängelt sich ein Wanderweg von Nazareth, dem Heimatort der Heiligen Familie, bis hinunter nach Kapernaum, einem der ersten Wirkungsorte Jesu am See Genezareth. Es ist das erste Teilstück des „Jerusalem-Wegs“, eines spirituellen Wanderweges auf den Spuren Jesu bis hinüber an den Ort seiner letzten Wirksamkeit. Als Höhepunkt dieses eindrucksvollen Pfades erweist sich allerdings das Umfeld des Sees Genezareth. Und hier, da ist sich Wanderführer Georg Rößler ganz sicher, besonders die Strecke, die Jesus höchstpersönlich in der Zeit seines öffentlichen Auftretens unzählige Male zurücklegte.
Vorbei an der Gebirgsformation der Hörner von Hittim und schließlich durch das Taubental unweit des Berges der Seligpreisungen. Bis endlich das Nordufer des Sees Genezareth erreicht ist, dessen gekräuselte blaue Oberfläche zuweilen überlagert wird von den goldenen Reflexen der Mittagssonne.
Ziel aller Träume
Entsteht an solcher Stelle nicht auch sogleich der Wunsch, es den Fischern von einst gleich zu tun und zum östlichen Seeufer überzusetzen? Noch vor dem Erreichen des Uferstädtchens Ein Gev verbreitet sich zum Sonnenuntergang bei kühlendem Windhauch eine wunderbar inspirierende Abendstimmung. Eine vorerst letzte Quelle der Spiritualität? Zumindest aber das Ziel aller Träume bei einer Wanderstudienreise im Heiligen Land. Mehr unter anderem unter www.pilgerreisen.de.Kregel