Jakobsweg und Jugendstil

von Redaktion

Traben-Trarbach besinnt sich seiner „Belle Époque“

Fantasievoll putzt sich die Weinstadt an der Mosel neu heraus mit ihrem reichen kulturellen Erbe.

„Muss es denn gleich Santiago sein?“ Für Ulrich, Christoph und Hans aus dem Rheinland geht es auch eine Nummer kleiner. Wie andere Jakobspilger sind sie auch eben mal weg. Doch nicht auf der Pilger-Autobahn von den Pyrenäen in Richtung Santiago. Für sie reicht bereits einer der deutschen Zubringer.

Nun genießen sie erst einmal in der Pilgerherberge von Traben-Trarbach während einer eintägigen Ruhepause ihren Teilerfolg. Und geraten dabei schnell ins Schwärmen über ihren Wanderweg durch die Mosel-Weinberge mit ihren teils unglaublich schroffen Steilhängen.

Und besonders über den Blick von der hohen „Himmelspforte“ hinunter auf Traben-Trarbach, das sich aus dieser Vogelperspektive wie eine eng ineinander verschachtelte Spielzeugstadt präsentiert.

Aufflammende Lebensfreude

Eine Kleinstadt, der man auf den ersten Blick nicht ansieht, dass sie einst nach Bordeaux der zweitgrößte Weinlieferant Europas war. Und dies aus gutem Grund. Denn als protestantische Insel inmitten eines katholischen Umfeldes genoss Traben-Trarbach die politische Solidarität der protestantischen Länder Nordeuropas.

Damit blieb der Wein der entscheidende wirtschaftliche Faktor, der er hier seit römischen Zeiten stets gewesen war. Und bis in die Nachkriegszeit des letzten Jahrhunderts auch bleiben sollte, als sich aus Reisebussen und Sonderzügen he-raus Genießer aus ganz Deutschland in die Weinkeller hinein ergossen und sich einer neu aufflammenden Lebensfreude überschwänglich hingaben.

Besondere Jahrgänge

Doch diese Zeiten des Genuss-Einbruchs sind längst vorbei. Da sind sich Winzer wie Daniel Vollenweider bei der Verkostung seiner letzten Jahrgänge ganz sicher. Und ein Blick in den aktuellen Gault-Millau-Weinführer gibt ihm dabei recht. Denn der bescheinigt ihm und seinen Mitstreitern eine durchweg hohe Qualität.

Doch die Attraktivität des Moselstädtchens rührt nicht allein her vom Wein, seiner Landschaft und seinen Traditionen. Denn hinzu kommen die Bauwerke des Jugenstils, die das Aussehen Traben-Trarbachs entscheidend mitprägen und dem Ort einen großen Teil seines romantischen Charmes und seiner architektonischen Eleganz verleihen.

Nicht zu übersehen die stählerne Moselbrücke und die stilvollen Bürgerhäuser, zumeist errichtet von Bruno Möhring, dem Stararchitekten der „Belle Époque“.

Unter ihnen herausragend das schlossartig gestalteten Jugendstil-Hotel Bellevue direkt am Trabener Moselufer. Konzipiert um einem hoch aufragenden Eckturm, lädt das Innere ein zu einem Spaziergang durch stilisierte Naturmotive, die besonders dem geräumigen Speisesaal mit seinen kunstvoll gearbeiteten Glasfenstern Schick und Würde verleihen.

Artikel 6 von 11