Warum Urlaub so wichtig ist

von Redaktion

Sommerzeit, Ferienzeit: Während es für die meisten Menschen dabei um Fragen nach dem perfekten Reiseziel oder Selbstversorgung versus Vollpension geht, kann auch die Wissenschaft helfen, diese Zeit so erholsam wie möglich zu gestalten. Wenn der Blick aus dem Bürofenster strahlend blauen Himmel und gleißenden Sonnenschein verrät, mag sich so mancher besonders urlaubsreif fühlen. Und das Gefühl geht oft tiefer. „Wissenschaftlich gesehen würde man eher von einem stärkeren Erschöpfungserleben sprechen“, erklärt Johannes Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Erschöpfung entgegenwirken

„Diese Erschöpfung zeigt sich beispielsweise, indem die Motivation sinkt, man nach der Arbeit mehr Zeit für sich braucht, Probleme im sozialen Leben auftauchen, aber auch in anhaltenden Leistungsschwankungen.“ Ein derartiges Ermüdungserleben werde häufig erst spät bemerkt, sagt Wendsche: „Dabei ist es der letzte Warnschuss des Körpers.“ Auch Nikolai Egold, Professor für Sozial- und Arbeitspsychologie an der Hochschule Fresenius in Frankfurt, betont, dass der Körper sich rein physiologisch nach Phasen der Belastung erholen müsse, um etwa Stresshormone abzubauen.

Umgekehrt hätten mehrere Studien bereits die positiven Auswirkungen eines Urlaubs beschrieben: „Die Menschen sind aktiver, kreativer, leistungsfähiger und haben in der Zeit nach dem Urlaub weniger Fehltage.“ Dabei dürfe man den Urlaub nicht lediglich als Unterbrechung der Arbeitszeit sehen, betont der Neurobiologe und Buchautor Bernd Hufnagl aus Wien. Seit 2004 überprüft sein Team mithilfe von EKG-Untersuchungen die Fähigkeiten von Arbeitnehmern zu entspannen. Dafür sollen sich die Probanden in einen Raum setzen und fünf Minuten aus dem Fenster schauen. „Schon 2004, also noch vor dem Smartphone-Hype, zeigten nur 30 Prozent der Teilnehmer eine Entspannungsreaktion“, so Hufnagl. 2018 seien es indes nur noch fünf Prozent gewesen. Doch wie viel Urlaub ist überhaupt nötig, um die beschriebenen Belastungen auszugleichen? Hier ist sich die Wissenschaft uneinig. „Anscheinend macht die Dosis nicht so sehr den Effekt“, erklärt Arbeitspsychologe Wendsche.

Ferienzeit gut vorbereiten

Angesichts der Tatsache, dass der Erholungseffekt nach einem Urlaub spätestens nach ein bis zwei Wochen verpufft sei, deute sich aber an, dass mehrere kürzere Urlaube vorteilhafter seien als ein langer Jahresurlaub. Und: Auch die Zeit direkt vor den Ferien sei wichtig. „Je höher die Arbeitsbelastung vor dem ersten Urlaubstag, umso geringer die Erholung“, fasst Wendsche zusammen. Er empfiehlt daher, sich vor dem Urlaub einfacheren und abschließbaren Aufgaben zu widmen und genug zu schlafen. Um Stressfaktoren zu reduzieren, rät Wendsche, die Ferienzeit gut vorzubereiten, indem man etwa Tickets vorab buche. Im Urlaub selbst sollte Abstand zur Arbeit gewonnen werden, betont Egold, indem man etwa telefonisch nicht für den Arbeitgeber erreichbar sei. Zudem sollte man seine E-Mails nicht, oder nur punktuell, abrufen, damit sich ein Erholungseffekt einstellen könne.

Neurobiologe Hufnagl weist zudem darauf hin, dass im Urlaub die Aktivität des Nervus vagus steigt: Je aktiver dieser Hirnnerv sei, umso entspannter werde man. Er empfiehlt, im Urlaub auf Details zu achten: „Wie rauscht das Meer? Wie riecht das Essen? Solche Informationen bewusst wahrzunehmen ist wichtig.“ Wie lässt sich aber der Erholungseffekt eines Urlaubs möglichst lange erhalten? Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin rät dazu, Souvenirs zu kaufen, Fotos zu machen und vom Urlaub zu erzählen – die Erinnerungen „reflektieren“. dpa

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