Immer wieder stehen Nutzfahrzeuge in der Kritik: Beim Rechtsabbiegen übersieht der Fahrer eines Lkw den Radfahrer, der geradeaus über die Kreuzung fahren will und Grün hat wie der Lkw-Fahrer. Es kracht, und nicht selten wird der Fahrradfahrer schwer oder gar tödlich verletzt. Das liegt häufig nicht einmal an fehlender Achtsamkeit, sondern daran, dass sich der Fahrradfahrer gerade im toten Winkel befand. Wäre der Lkw mit einem Abbiege-Assistenten ausgerüstet gewesen, hätte dessen Fahrer den Radfahrer bemerkt und ihm die Vorfahrt gelassen.
Der Abbiege-Assistent erkennt, wenn sich Personen in direkter Nähe zum Fahrzeug befinden. Er warnt den Fahrer in einem solchen Fall durch ein akustisches oder optisches Signal. Sofern der Fahrer nicht entsprechend reagiert, kann der Assistent auch selbstständig eine Bremsung einleiten, indem er ein Notfallsignal an die Bremse sendet. Üblicherweise erkennt ein Abbiege-Assistent den Beginn des Abbiegens, weil er an den Lenkeinschlag beziehungsweise an den Blinker gekoppelt ist.
Gesellschaftliche Verantwortung
Stefan Buchner, Leiter Mercedes-Benz Lkw, erklärte in diesem Zusammenhang: „Für uns ist Sicherheit eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung.“ Und der neue Mercedes-Benz Actros zeige, welches Sicherheitsniveau heute auf der Straße möglich sei. So rüstet Mercedes-Benz europaweit seine schweren Lkw ab diesem Monat mit dem Notbremsassistenten der neuesten Generation mit Fußgängererkennung serienmäßig aus.
Europaweit gilt aber mit Einschränkung nur für die Länder, in denen ein Notbremsassistent gesetzlich vorgeschrieben ist. Der erwähnte Abbiege-Assistent ist bei Mercedes-Benz seit 2016 verfügbar. Ebenfalls seit diesem Monat wird er nicht nur ab Werk, sondern auch als Nachrüstlösung angeboten. Heißt aber: Der Kunde entscheidet auch hier noch allein über das Maß an Sicherheit, das er seinem Lkw-Fahrer mit auf den Weg gibt.
60 Prozent der Unfälle verhindern
Offiziellen Schätzungen zufolge könnten etwa 60 Prozent aller schweren Lkw-Unfälle durch Abbiege-Assistenten verhindert werden. Obwohl das alles bekannt und belegt ist, ist die Ausstattung eines Fahrzeugs mit einem solchen System noch freiwillig. Das soll sich zwar ändern, aber nicht gleich: Der Abbiegeassistent für Lkw soll per Gesetz in der EU verpflichtend werden. Das wurde in Brüssel entschieden. Ab 2022 soll der Abbiege-Assistent in jedem neuen Bus und Lkw verbaut sein. Ab 2024 gilt das für alle Neufahrzeuge.
Obwohl solche Sicherheits-Systeme verfügbar sind, werden sie als aufpreispflichtige Extras oftmals nicht geordert. So erscheint es recht lang, noch bis 2024 bei der Freiwilligkeit zu bleiben. Bei der Entscheidung helfen könnte bis dahin eine finanzielle Förderung. Und die wird mit der „Aktion Abbiege-Assistent“ tatsächlich angeboten.
Staatliche Förderung
Da es den Abbiege-Assistent auch zum Nachrüsten gibt, soll eine staatliche Förderung die Kunden dazu bewegen, ihre Fahrzeuge bereits jetzt mit solchen Systemen auszustatten. Seit 2019 stehen dafür bundesweit und pro Jahr fünf Millionen Euro zur Verfügung. Das Förderprogramm hat eine Laufzeit von fünf Jahren.
Ein Abbiegeassistent für Lkw bringt Kosten in der Anschaffung mit sich, die zu 80 Prozent gefördert werden können. Pro Fahrzeug wird ein maximaler Zuschuss von 1500 Euro gewährt. Damit übernimmt der Bund 80 Prozent der Kosten für den Einbau eines Abbiege-Assistenten. Im vergangenen Jahr waren die fünf Millionen Euro innerhalb weniger Tage vergeben.
Es lohnt sich also, den Zuschuss für 2020 schnell zu beantragen und sich damit für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu entscheiden. Eva-Maria Becker