Beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Region besteht Handlungsbedarf. Das zeigte die Diskussionsrunde „Zukunfts-Forum“ der Rosenheimer Grünen im Januar. Vor allem, dass der ÖPNV nicht rund um die Uhr, die gesamte Woche und zudem zu angemessenen Preisen oder sogar gänzlich kostenfrei genutzt werden könne, erhitzte dabei die Gemüter.
Planet Heimat-Redakteur Klaus Kubitza hat die Probe aufs Exempel gemacht und sich einen Tag ohne sein Auto auf die Straßen der Region gewagt. Seine Mission: als eingefleischter Autofahrer die etwa 2,5 Kilometer von seiner Heimat Grainbach in Samerberg nach Törwang zu gelangen.
Klar, die kurze Strecke könnte man auch per Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen. Ältere Semester, Familien mit Kindern oder aber Ski-Invaliden wie Kubitza tun sich da aber schwer. Besonders an Tagen, an denen die Sonne brennt oder es Schnürsenkel regnet.
In Grainbach besteht nach der Schließung des Dorfladens nicht mal die Aussicht auf einen Kaffee mit Sahne-Torte. Das Rathaus, der Allgemeinarzt, Bankfilialen, der Kindergarten, sowie der einzige Supermarkt befinden sich im Nachbarort Törwang. Zudem finden dort, im Gasthof zur Post, die Treffen der Bürgerinitiative „Zukunft Samerberg“ statt – eines davon wollte Kubitza an seinem autofreien Tag besuchen. Immerhin gibt es in den beiden Ortsteilen eine Bushaltestelle direkt im Ortskern – keine Selbstverständlichkeit in Samerberg.
Die Erfahrung des Redakteurs: unverzichtbar sind eine Uhr, perfektes Timing und man darf niemals die Service- oder Öffnungszeitzeiten und den Busfahrplan aus den Augen verlieren.
Mit dem ersten Bus
ins Rathaus
Die erste Etappe des Experiments: das Rathaus. Öffnungszeiten nur am Vormittag, am Donnerstag kann man sich etwas länger Zeit lassen – immerhin bis 18 Uhr. Einzige Bus-Fahrt-Möglichkeit, um etwa einen Ausweis zu beantragen: halb neun, früheste Rückfahrt: 13.25 Uhr. Wartezeit: ganze fünf Stunden, denn den Bus zurück um 8.45 Uhr zu erwischen ist utopisch. „Nicht mal die schnellste Verwaltung der Welt bekommt das hin“, so Kubitza.
Genauso illusorisch war es für ihn, abends nach Hause zu kommen. Nach einem Initiativen-Treffen samt Schweinsbraten war er in Törwang gestrandet. Der letzte Bus zurück ging bereits um 17.05 Uhr. Ein Freund holte ihn daher ab – mit dem Auto.
So wie Kubitza in seinem Selbstversuch geht es vielen Bürgern in der Region. Wird man krank, ist der Kühlschrank leer, sind wichtige Bankgeschäfte zu erledigen oder muss das Kind schlicht und einfach in den Kindergarten – ohne Auto ein Problem.
Vielerorts gibt es Hinfahrten morgens gegen sieben, was selbst für den Kindergarten sehr früh ist, oder gegen halb neun, für Vieles zu spät. Rückfahrten gibt es erst am Nachmittag, dafür nicht mehr am Abend.
„Wer also nicht so viel Geduld erübrigen kann, bis sich in Sachen ÖPNV etwas bewegt und doch wieder ins Auto steigt, beachte zumindest die Tipps zum Spritsparen. Auch dort lässt sich schon einiges Richtung Klimaschutz unternehmen“, so Kubitzas Fazit.