Größte Sandkiste Europas

von Redaktion

Normalerweise entfacht ein Fleckchen Erde mit 2300 Einwohnern nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit. Es sei denn, es liegt an exponierter Stelle und hat so viele positive Besonderheiten, dass dem ersten Besuch automatisch weitere folgen. Eine solch magische Anlaufstation ist die Insel Amrum, die ihre Anziehungskraft der ungewöhnlichen Naturstruktur verdankt und in den vergangenen Jahren die touristische Infrastruktur weiter ausgebaut hat. Dezent, aber kontinuierlich, sodass trotz 10000 Gästebetten keine Überfüllung herrscht.

Die nordfriesische Insel Amrum liegt nicht ganz ungewollt im Schatten der Nachbarinsel Sylt. „Wir haben viel mehr Natur und wollen diese auch nicht für mehr Touristen opfern“, lässt Lars Rickerts durchblicken. Er ist zufrieden mit der Baustruktur auf der Insel, die dezent und gemäßigt in den fünf Dörfern Wittdün, Süddorf, Steenodde, Nebel und Norddorf vonstatten geht und sich im Wesentlichen darauf konzentriert, alte Substanz durch neue zu ersetzen, um die Ortsbilder nicht zu zerstören. Rickerts ist auf der Insel für den geregelten Tourismus zuständig.

Während auf Sylt mittelgroße Passagierflugzeuge landen, genießt Amrum die Ruhe durch den geregelten Fährverkehr ab Dagebüll. Schon die unaufgeregte Ankunft lässt einer Vorahnung Raum, die von entspannter Erholung gefüllt ist. Bei einer Längsausdehnung von 15 Kilometern ist die Insel zwar nicht autofrei, die Vehikel spielen aber eine sehr untergeordnete Rolle.

Viel eindrucksvoller ist der weiße Sand, von dem ein Großteil der Insel bedeckt ist. Die beeindruckenden Dünen, die gleichzeitig die höchste Erhebung mit 32 Metern über dem Meeresspiegel sind, lassen Gedankenspiele an Wüstenlandschaften zu. Der Kniepsand-Streifen trennte die raue Nordsee vom seichten Strand Amrums. Ein Paradies nicht nur für Urlauber, sondern auch für Gänse und seltene Vögel, die sich friedfertig den Landstrich teilen. Ranger der Schutzstation Wattenmeer erklären Gästen das Zusammenspiel von Natur und Nutzung der Insel. Sie haben dabei auch die eine und andere Geschichte parat, die aus dem Lager der Mythen und Sagen stammt.

Die angestammten Insulaner sind allerdings nicht von allem begeistert, das von den Naturfreunden mit Freude beachtet wird. „Die Nonnen- und Graugänse machen sehr viel Dreck“, flucht Rainhard Boyens, der auf Amrum aufgewachsen ist. Er vermietet Strandkörbe, ist Fremdenführer, vergibt die beliebten Bollerwagen und ist bei der Feuerwehr.

Die Amrumer haben Erfahrung mit vernichtenden Feuern. Da auch heute noch ein Großteil der Häuser auf der Insel mit Reet gedeckt ist, macht ein intensiver Feuerschutz Sinn. „Ein Reetdach kostet doppelt so viel wie ein normales Ziegeldach, verschlingt dreimal so viel Versicherungsprämie, brennt dafür aber auch doppelt so hell“, zitiert Boyens eine alte Inselweisheit.

Auch Sturmfluten holten sich ihre Beute an Menschenleben und fruchtbarem Untergrund, wie der sogenannte „weiße Tod“: Sand verwüstete die Insel. Mit Unterstützung der dänischen Regentschaft wurde deshalb der Strandhafer an den Böschungen eingeführt. Diese, teilweise bis zu 20 Meter wurzelnden Gewächse, geben der Küste von Amrum mehr Sicherheit als zuvor die Schilfgürtel, die für das Reet auch heute noch gepflegt werden.

Der weiße Sand ist auch heute noch prägend für die Insel. Dünen säumen die malerischen Strandkilometer, an denen sich im Sommer die Gäste in die Sonne setzen. Die einzigartige Formation der Dünen wird unterbrochen von als Wahrzeichen agierenden Leuchttürmen oder auch Behausungen aus der Eisenzeit, die unter Denkmalschutz von grauer Vorzeit zeugt. Die moorigen Landstriche auf der Insel runden die landschaftliche Vielfalt ab, mit der Amrum ein Naturparadies für Besucher ist.

Derzeit hoffen alle Insulaner, dass die Lockerungen wieder mehr Tourismus erlauben, denn er ist und bleibt die Haupteinnahmequelle. Mehr unter www.amrum.de oder www.nordseetourismus.de.

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