Mithilfe von Radarsignalen soll ein automatisiertes System künftig dafür sorgen, dass Autos um Ecken „sehen“ und dort andere Verkehrsteilnehmer rechtzeitig erkennen können. Das System, das sich problemlos in heutige Fahrzeuge integrieren ließe, interpretiert reflektierte Radarquellen auf der Basis des Dopplereffekts. Trifft ein Radarsignal auf eine Oberfläche, wird es dort umgeleitet wie ein Ball von der Bande eines Billardtischs. Auf diese Weise kann es Objekte entdecken, die nicht in der Sichtlinie liegen. Ein Teil des Radarsignals wird von den am Auto montierten Detektoren erfasst. Eine Software klärt dann, ob sich die Objekte im zunächst nicht sichtbaren Bereich bewegen oder stationär sind.
Bewegung erkennen
In einem Papier, das ein Forscherteam um Felix Heide, Assistenzprofessor für Informatik an der Princeton University, kürzlich auf einer Konferenz vorstellte, wird beschrieben, wie das System Objekte wie Autos, Radfahrer und Fußgänger unterscheidet und deren Richtung und Gegengeschwindigkeit feststellt: „Der vorgeschlagene Ansatz ermöglicht eine Kollisionswarnung vor Fußgängern und Radfahrern in realen autonomen Fahrszenarien – bevor sie mit vorhandenen direkten Sichtliniensensoren angezeigt werden.“ Die Radarsensoren seien relativ kostengünstig, insbesondere im Vergleich zu Lidarsensoren, und würden sich für die Massenproduktion eignen, so der Forscher.
In jüngster Zeit entwickelten Automobilunternehmen bereits eine Vielzahl von Sensorsystemen, mit denen Autos andere Objekte auf der Straße erkennen können. Viele von ihnen verlassen sich auf Lidar oder Kameras, die sichtbares oder infrarotes Licht verwenden. Die optische Abtastung stößt jedoch dort an Grenzen, wo es gilt, Gegenstände außerhalb der Sichtlinie zu erkennen. In früheren Forschungen verwendete Heides Team Licht, um Objekte zu sehen, die sich hinter Ecken verstecken. Dieses Vorhaben war aber für den Einsatz in Autos nicht praktikabel, da es Hochleistungslaser erforderte und nur auf kurze Entfernungen funktionierte. Danach testeten die Ingenieure Bildgebungsradar anstelle von sichtbarem Licht. Der Signalverlust an glatten Oberflächen ist bei Radarsystemen gering, und Radar ist eine bewährte Technologie zur Verfolgung von Objekten. Die Herausforderung besteht jedoch darin, dass eine dreidimensionale Auflösung mit Radar relativ gering ist. Eine Lösung des Problems könnten Algorithmen zur Interpretation der Radardaten leisten.
Nächste Generation
im Visier
Da das Projekt auf einer vorhandenen Radarsensortechnologie beruht, sollte es möglich sein, das Radarsystem für den Einsatz in der nächsten Fahrzeuggeneration vorzubereiten. In Bezug auf Integration und Markteinführung sind weitere Entwicklungsarbeiten erforderlich. Zu den Autoren des Papiers gehören auch Ingenieure der Mercedes-Benz AG sowie Wissenschaftler der Universitäten Ulm und Kassel. Unterstützt wurde das Projekt durch die Europäische Union. ampnet/hrr