Wasser ist ein wunderbares Element. Kühl, erfrischend, und voller Energie! Schon vor rund 5000 Jahren nutzen die Chinesen die Kraft des Wassers in der Landwirtschaft. Im 18. Jahrhundert kamen erste Wasserkraftwerke mit Turbinen auf – ein wesentlicher Baustein der industriellen Revolution. Mit der Kraft des Wassers Strom zu erzeugen, das hört sich völlig nachhaltig an. Es gibt aber auch kritische Stimmen.
Eines der ältesten Kraftwerke am Mangfall-Kanal bei Bruckmühl stammt aus dem Jahr 1907. Es wird heute von der Firma Neenah Gessner betrieben, einer Fabrik für Spezialpapiere.
Elf Firmen im
Wasserverband
Die Kraft des Wassers wurde an der Mangfall schon früh genutzt, um Industrie ansiedeln zu können. Heute liegen am „Triftbach“, dem Kanal an der Mangfall, elf kleine, privat betriebene Wasserkraftwerke. Die Betreiber sind Firmen wie Neenah Gessner, Salus oder Clariant, die im „Wasserverband Brucker Wehr“ organisiert sind. „Der erzeugte Strom wird von den Besitzern im eigenen Betrieb genutzt oder als Ökostrom verkauft“, sagt Bernd Emhart, der Vorsitzende des Verbands und technischer Leiter bei Neenah Gessner.
Wasserkraft lohnt sich
Die Papiererzeugung, so erklärt er, gehöre zu den energieintensiven Industrien. Das Werk von Neenah Gessner habe einen Jahresstromverbrauch von rund 20 GWh. Vier GWh würden durch die insgesamt drei eigenen Wasserkraftwerke erzeugt. Das rentiert sich auch finanziell – dank der Einführung des „Stromeinspeisungsgesetzes“ von 1990. Denn dieses hat die großen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu einer Abnahme von regenerativ erzeugtem Strom sowie einem gesetzlich geregelten Abnahmepreis verpflichtet.
„Damit kann die sogenannte kleine Wasserkraft wieder wirtschaftlich betrieben werden“, sagt er. Rund 20 Prozent des Strombedarfs im Werk aus der Wasserkraft decken zu können sei ein großer Standortvorteil.
Dazu kommt die Nachhaltigkeit der Energiequelle. „Durch die Wasserkraft kann Strom ohne CO2-Emission erzeugt werden“, so Emhart. Damit leiste sie einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Bei den kleinen Anlagen am Triftbach seien die Eingriffe in die Natur zudem relativ gering.
Das sieht Dr. Gertrud Knopp, Zweite Vorsitzende des BUND Naturschutz Rosenheim, etwas anders. „Befindet sich ein Querbauwerk im Fluss, ändern sich die Lebensraumbedingungen radikal“, erklärt sie. Doch die vorhandenen Lebewesen seien auf eine kontinuierlich vorherrschende Änderung von Gefälle, Fließgeschwindigkeit, Wassertiefe und Untergrund angepasst. Ein Wehr unterbreche die ökologische Durchgängigkeit, womit strömungsliebende Fische nicht zurechtkämen. Außerdem fehlten der Transport von Kies und Totholz, was für eine Verschlechterung des Lebensraums flussabwärts sorge. Größere Stauhaltungen führten zur Aufwärmung des Wassers, wobei es zur Entstehung von Faulgasen und Methan-Emissionen komme. „Und schließlich sind Wehre für Fische ein unüberwindbares Hindernis“, so Dr. Knopp, die auch Sprecherin der Mangfall Allianz ist.
Hindernis für Fische
Ein eigenes Problem seien Ausleitungskraftwerke wie an der Mangfall, wo Wasser aus einem Fluss in einen Kanal geleitet wird, um dort ein Kraftwerk zu betreiben. „Um viel Strom zu erzeugen, ist der Wunsch der Kraftwerksbetreiber, möglichst viel Wasser in den Kanal zu leiten. Aber je weniger Wasser im Fluss bleibt, desto schlechter werden die Lebensbedingungen“, erklärt die Umweltschützerin. Die Mangfall Allianz habe man genau aus diesem Grund gegründet: Um sich dafür einzusetzen, dass in den Flüssen die ökologisch erforderliche Restwassermenge erhalten bleibe. Insbesondere im Unterlauf der Mangfall, so betont sie, sei diese Wassermenge nicht ausreichend.
Ebenso wichtig sei es, dass Gewässer für Fische durchgängig bleiben. Die typischen Arten der Mangfall – Forellen, Koppen, Barben, Aiteln oder Nasen – wandern zum Laichen oder für die Nahrungssuche verschieden lange Strecken im Fluss. All ihre Habitate müssten erreichbar bleiben. Hier können Fischaufstieghilfen helfen, die im Idealfall als Umgehungsgerinne mit möglichst großer Wassermenge angelegt sein sollten.
Beim Bau des Brucker Wehres in der Mangfall im Jahr 2008/09 wurde dort eine Fischtreppe gebaut. „Maßnahmen, auch im Kanal das Wasser an den Turbinen vorbei zuleiten, sind nicht geplant“, erklärt Bernd Emhart.
Die Kritik an den Restwassermengen kann er nicht nachvollziehen. Sie seien definiert für das Sommerhalbjahr mit 2,5 und für das Winterhalbjahr mit zwei Kubikmetern pro Sekunde. Die Einhaltung werde vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim kontrolliert.
Kein Auslaufmodell
Für Emhart ist klar: Die Wasserkraftwerke des Verbandes gehören zur Industriegeschichte des Mangfalltales. Durch die geänderte Gesetzgebung könnten die dezentralen Anlagen heute wirtschaftlich betrieben werden. „Die kleinen Kraftwerke sind daher sicher kein Auslaufmodell, sondern leisten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende“, so Emhart.
Rein technisch gesehen, räumt Dr. Knopp ein, könnte Wasserkraft als nachhaltig bezeichnet werden – solange Wasser nachfließe. Das werde im Zuge des Klimawandels aber zukünftig nicht mehr dauerhaft der Fall sein. Die Umweltschützerin ist der Ansicht: „Insbesondere, da die Schäden des Ökosystems Fließgewässer zu gravierend sind, kann man Wasserkraft nicht als nachhaltig bezeichnen.“