Es ist einfach über Wohnungsmangel in den großstädtischen Ballungsräumen zu lamentieren; wesentlich schwerer ist es Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Denn grundsätzlich werden diese Wohnraumdefizite in den nächsten Jahren nicht durch demografische oder zyklische Trends abgebaut – ganz im Gegenteil. Und auch die Corona-Krise bringt keine Entspannung bei den Mieten in den Ballungszentren, wie die Analysen der IVD (Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung) zeigen.
Vielmehr werden die Wohnraumprobleme, vor denen der IVD schon seit Jahrzehnten gewarnt hatte, speziell in München eher noch etwas zunehmen. Gründe hierfür sind die Wanderungsgewinne in vielen großstädtischen Ballungszentren Bayerns, ein zunehmender Flächenverbrauch pro Einwohner – vielfach wird von 0,4 bis 0,5 Quadratmeter pro Einwohner und Jahr als zusätzlicher Flächenbedarf ausgegangen – und eine weitere Singularisierung der Bevölkerung, denn Ein- und Zweipersonenhaushalte werden immer mehr zur dominierenden Wohnform der städtischen Quartiere. Dies zeigt, dass in den Ballungsräumen dringend Wohnraum gebraucht wird.
Die Frage lautet nun: Wie kann man diesen schaffen? Hierbei gibt es neben Ausbauprogrammen von Dachgeschossen und Souterrains und einer Beschleunigung der Genehmigungspraxis, über die ebenfalls seit Jahrzehnten viel diskutiert wird, lediglich zwei grundsätzliche Alternativen: Neue großflächige Baugebiete ausweisen oder eine sinnvolle Nachverdichtung in bestehenden Quartieren vorantreiben.
„Doch während Kommunen über die ökologische Bedenklichkeit einer immer weiter fortschreitenden Bodenversiegelung lamentieren, stehen sie einer Nachverdichtung im innerstädtischen Bereich häufig ebenso skeptisch gegenüber“, heißt es von den Seiten der IVD. Dabei sei eine Nachverdichtung die einzige Chance, einer fortschreitenden Zersiedelung entgegenzuwirken.
Im Rahmen von Nachverdichtungen würden in bestehenden städtischen Gebieten Baulücken mit höherem Baurecht zugelassen, als ursprünglich vorgesehen war. Und auch beim Abriss bestehender Gebäude werde versucht, diese Flächen durch ein höheres Baurecht noch optimaler zu nutzen.
Die Frage ist nur: Warum stehen die Kommunen einer Nachverdichtung so skeptisch gegenüber? Hierfür gibt es laut IVD ein ganzes Bündel an Ursachen. Zunächst einmal werde grundsätzlich zu wenig über die Alternativen nachgedacht. Kommunalpolitiker seien sich teilweise unsicher, ob oder wie man die Planungsgewinne am besten abschöpfen könnte. Ein Verwaltungsapparat neige auch nicht gerade dazu, bestehende Vorgaben verändern.
Darüber hinaus werden Nachbarschaftskonflikte befürchtet, wenn etwa im Rahmen einer Nachverdichtung zu geringe Abstandsflächen geschaffen würden. Und schließlich gibt es auch die Angst der Stadtplaner, das optische Erscheinungsbild bestehender Quartiere würde. Einige Politiker fürchten wiederum, dass durch eine Nachverdichtung weitere Bewohner in die Städte gezogen werden, was die bestehende Infrastruktur und Verkehrswege weiter belasten würde. Auch dies ist letztendlich kein stichhaltiges Argument, da die Verkehrsprobleme erwiesenermaßen speziell durch die Personen entstehen, die aus relativ großen Entfernungen in die Städte einpendeln und nicht durch diejenigen, die relativ arbeitsnah wohnen.
Bei der IVD ist man überzeugt: Ohne Nachverdichtung gehe es nicht – doch es brauche sinnvolle und sozialverträgliche Ansätze. ivd