Privat zahlt, Gewerbe schiebt auf

von Redaktion

Kündigungsbeschränkung wegen Mietaufschub nicht verlängert

Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf den Mietmarkt aus: Mieter, die aufgrund von Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes ihre Miete nicht zahlen konnten, hatten die Möglichkeit, diese Zahlungen von 1. April bis 30. Juni aufzuschieben, ohne dass der Vermieter ihnen deswegen in besagtem Zeitraum kündigen durfte.Diese Regelung wurde bis dato nicht verlängert. Wir haben bei Mieter- und Vermieter-Verbänden nachgefragt, wie die Situation auf dem Mietmarkt ist, der gerade in solchen Regionen wie München von einem hohen Preisniveau geprägt ist.

Als „unauffällig“ beschreibt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus + Grund München, die Situation aus seiner Sicht. Die Fälle, mit denen sein Verein zu tun gehabt habe, könne er an einer Hand abzählen. „Insgesamt gibt es jedoch eine hohe Dunkelziffer.“ Wenn es Probleme mit den Zahlungen gegeben habe, dann hätten Vermieter und Mieter dies einvernehmlich untereinander geregelt. Anders gestalte sich die Situation beim Gewerbe. Dort habe es seines Kenntnisstandes nach einige Mietaufschübe gegeben – wie zum Beispiel im Bereich des Messe- und Veranstaltungsbaus. Haus + Grund-Chef Stürzer erwartet, dass dort durchaus noch Probleme auftreten könnten.

Eine ähnliche Erfahrung hat auch der Bayerisches Wohnungs- und Grundeigentümerverband (BWE) gemacht: „Die ganz große Mehrheit zahlt ihre Miete zuverlässig“, sagt Justiziar und Geschäftsführer Thomas Fuhrmann. Nur ganz wenige Mieter hätten einen Aufschub von ihren Vermietern verlangt. Beim BWE habe es deshalb nur vereinzelte Anfragen von Vermietern gegeben und auch nur wenige Kündigungen. Im Gegensatz dazu hätten etliche gewerbliche Mieter – wie Gastronomiebetriebe und auch Einzelhändler – ihre Zahlungen aufgeschoben.

Erste Kündigungsfälle beim Mieterverein

Mit den Kündigungen muss sich nun auch der Mieterverein München beschäftigen. „Derzeit lassen sich erste Mieter von uns beraten, die jetzt im Herbst eine Kündigung erhalten haben und nicht mehr weiter wissen“, sagt Geschäftsführer Volker Rastätter.

Aber auch diejenigen, die ihre ausstehenden Mieten bis 2022 zurückbezahlen müssten, seien noch nicht automatisch sicher. Denn wer extreme Gehaltseinbußen habe, der tue sich auch schwer, die aufgestaute Miete in zwei Jahren – plus Zinsen – auf einen Schlag zurückzubezahlen. Wer also seine Miete nicht bezahlen kann und zwei Monatsmieten im Rückstand ist, kann eine Kündigung erhalten. Auf dem Münchner Wohnungsmarkt eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist dann extrem schwierig. Raststätter: „Wir fordern deswegen, dass ein Hilfsfonds hier einspringt.“

Eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsaufschubs gibt es bis dato nicht: „Die Bundesregierung hätte die Kündigungsbeschränkung durch Rechtsverordnung bis zum 30. September 2020 verlängern können“, sagt Timo Schrott vom Pressereferat des Bayerischen Justizministeriums. Hiervon habe die Bundesregierung seinerzeit keinen Gebrauch gemacht, jedoch mitgeteilt, dass sie die weitere Entwicklung der Corona-Krise aufmerksam beobachten werde. Eine Wiedereinführung einer gesetzlichen Kündigungsbeschränkung könnte derzeit nur durch ein neues Bundesgesetz erfolgen. Bodo-Klaus Eidmann

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