35 Millionen Immobilien auf einen Klick

von Redaktion

Scoperty will den digitalen Häuser- und Wohnungsmarkt revolutionieren

Es ist ein ambitioniertes Unterfangen. Scoperty, ein Startup aus München, nennt sich selbst „Gamechanger“. Dessen Anspruch: Etwa 35 Millionen Immobilien und damit nahezu den kompletten Markt in Deutschland auf seiner digitalen Plattform abzubilden. Egal, ob der jeweilige Eigentümer ein Inserat schaltet oder nicht. Zu ambitioniert findet das Professor Stephan Kippes vom Immobilienverein Deutschland (IVD). Aufgrund der Masse an abgebildeten Immobilien blieben die jeweiligen Informationen oft ungenau oder unzureichend. Zudem kritisiert der Marktforscher den auf Scoperty stattfindenden Handel mit Benutzer-Daten.

„Absolute Transparenz“

„Wir wollen für den Markt absolute Transparenz herstellen – und das für potenzielle Käufer genauso wie für potenzielle Verkäufer.“ Der CEO und Gründer von Scoperty Michael Kasch sieht sich und sein Unternehmen als reinen Dienstleister. Kaufinteressenten von Immobilien würden nun endlich den Markt in seiner gesamten Bandbreite einsehen können. Die Eigentümer von Wohnungen und Häusern hätten es auf der anderen Seite nun leichter, den Schritt hin zum Verkauf zu gehen oder sich jedenfalls im Vorfeld zwanglos über den Wert und die Attraktivität der eigenen Immobilie zu informieren.

Scoperty hat dabei das Ziel, alle rund 40 Millionen im privaten Eigentum befindlichen Immobilien in Deutschland abzubilden, über Daten, die öffentlich zugänglich sind. Klickt der User auf eine dieser Immobilien, wird ein Schätzwert angezeigt, den ein eingebauter Algorithmus errechnet. Je mehr Daten – wie etwa Baujahr, Wohn- und Grundstücksfläche oder regionaler Durchschnittswert der Immobilie – diesem Algorithmus zur Verfügung stehen, desto genauer fällt die Schätzung aus. Eigentümer von Häusern und Wohnungen können auf Scoperty ihr Objekt suchen und eigenhändig Daten eingeben. So würde auch der Schätzwert genauer, wie Kasch erklärt. Hat ein Nutzer Interesse an einem Objekt, kann er eine Anfrage hinterlegen.

Neue Rubrik: „Offen für Angebote“

Denn Scoperty ist natürlich auch ein Marktplatz. Neben der Übersicht des gesamten Immobilienmarktes können Nutzer – wie auf anderen Plattformen üblich – ganz konkret Inserate zum Verkauf schalten. Neu ist dabei allerdings die Rubrik „Offen für Angebote“. Der Eigentümer einer Immobilie hat hier die Möglichkeit im Vorfeld herauszufinden, wer für sein Objekt was zu zahlen bereit ist und kann dann erst entscheiden, ob er überhaupt verkaufen will. Ein besonderer Service, wie Kasch findet. „Hier werden Schwellen abgebaut. Viele Eigentümer von Wohnungen wollen insgeheim verkaufen, haben aber Angst, sich zu schnell festzulegen und sich etwa in vertragliche Abhängigkeit zu einem Makler zu begeben. Bei uns können sie unverbindlich den ersten Schritt tun und den wahren Wert ihrer Immobilie erfahren.“ Wer allerdings einen Makler möchte, dem kann auch auf Scoperty geholfen werden. Das Unternehmen arbeitet eng mit einem entsprechenden Netzwerk zusammen. Alle Dienstleistungen, die auf Scoperty angeboten werden, sind im Übrigen für den Benutzer kostenlos.

„Es geht um den Verkauf von Daten“

Das Vergütungsmodell von Scoperty basiert auf der Weiterleitung sogenannter Leads. Wer laut Kasch auf Scoperty Interesse an einem Verkauf signalisiere und die Unterstützung durch einen Makler wünsche, werde an einen vorqualifizierten Immobilienmakler aus dem Netzwerk weitergeleitet. Und wer auf Scoperty Kaufinteresse zeige und eine Finanzierung wünsche, den vermittle das Unternehmen an einen Baufinanzierer. Einen etwas anderen Blick auf diese Form des Vergütungsmodells hat dabei Marktforscher Kippes. Kritisch sieht er hier vor allem den Umgang mit Informationen, die der Nutzer der Plattform zur Verfügung stellt. „Es geht Scoperty vorrangig um den Verkauf von Daten. Die haben Exklusivverträge mit Maklern und Finanzdienstleistern, um diese mit Adressen potenzieller Kunden zu versorgen.“

Fehlende Genauigkeit

Doch dies ist nicht der einzige Punkt, der Kippes bei dem Münchner Startup sauer aufstößt. Der Marktforscher moniert etwa fehlende Genauigkeit und einen zu hoch gegriffenen Anspruch des Produkts: „Immobilienwerte für eine gesamte Region oder gar für ganz Deutschland nur aufgrund eines Algorithmus‘ abzubilden, das ist schon sehr ambitioniert.“ Die Folge seien laut Kippes viel zu ungenaue Zahlen und unzureichende Daten, die mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten. Kritik, die der CEO von Scoperty nicht nachvollziehen kann. Das Geschäftsmodell sei seriös und die enge Zusammenarbeit mit Maklern und Finanzdienstleistern durchaus auch ein Vorteil für die Nutzer der Plattform, betont der 43-Jährige. Was die Ungenauigkeit mancher Daten anbetrifft, sei dies dem gerade erst erfolgten deutschlandweiten Start der Plattform geschuldet, wie Kasch betont: „Wir sind seit einer Woche in allen Bundesländern online. Natürlich haben wir noch nicht die Datenfülle, die wir möchten. Aber im Lauf der Zeit wird unsere Marktübersicht immer genauer werden.“ Christoph Kastenbauer

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