Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ist ein Zusammenschluss von etwa 3000 Wohnungsunternehmen und der größte Verband sozial orientierter Vermieter in Deutschland. Der GdW hat es sich zum Auftrag gemacht, Wohnen für alle Menschen bezahlbar und lebenswert zu machen. Wie die Corona-Krise den Wohnungsmarkt beeinflusst und wie der soziale Faktor am Markt weiterhin erhalten bleiben kann, darüber sprach GdW-Präsident Axel Gedaschko.
Herr Gedaschko, vielen Dank für Ihre Zeit. Die Preise für Immobilien sind aktuell noch stabil, steigen teilweise sogar. Doch Experten warnen bereits vor einer Überhitzung des Marktes. Könnte die Pandemie – je länger sie anhält – für eine soziale Krise am Immobilienmarkt sorgen?
Das hängt ganz entscheidend davon ab, wie sich die wirtschaftliche Situation Deutschlands insgesamt weiterentwickelt. Sollte es zu einem größeren Wirtschaftseinbruch kommen, wonach es derzeit eher nicht aussieht, hätte das mittelfristig auch negative Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Mieter und damit auf die Einnahmesituation der sozial orientierten Wohnungsunternehmen. Da diese nur mit sehr geringen Renditen zwischen zwei und vier Prozent kalkulieren und den allergrößten Teil ihrer Einnahmen in den Erhalt und die Weiterentwicklung ihrer Wohnquartiere investieren, wird es für die Wohnungsunternehmen bei wegbrechenden finanziellen Mitteln sehr schnell knapp.
Was könnten die Folgen sein?
Für die sozial verantwortliche Wohnungswirtschaft ist es enorm wichtig, dass die Regierung auch künftig die große sozialpolitische Bedeutung des Mietwohnungsbereichs wahrnimmt und sowohl Mietern als auch den verantwortlichen Vermietern den Rücken stärkt. Denn beim Wohnen geht es um einen so grundlegenden Lebensbereich, dass negative Entwicklungen unmittelbar den sozialen Zusammenhalt in unserem Land gefährden können.
Welche Maßnahmen sind hier zu ergreifen, um dieser Bedrohung Herr zu werden?
Für die Mieter und die sozial verantwortlichen Wohnungsunternehmen ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Politik sozialpolitische Instrumente wie das Wohngeld, die soziale Wohnraumförderung, die Städtebauförderung und das erfolgreiche Programm „Soziale Stadt“ fortführt und weiter stärkt. Bislang ist Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Nachbarländern gut aufgestellt, soziale Konflikte aufgrund der Wohn- und Lebenssituation sind vergleichsweise gering ausgeprägt. Gerade angesichts der Corona-Pandemie, in der wir alle so viel Zeit zu Hause verbringen, Probleme wie häusliche Gewalt in den Wohnvierteln tendenziell zunehmen und soziale Unterstützung für betroffene Familie schwieriger ist, sind Mieter und Wohnungsunternehmen besonders auf eine stabile Gesamtsituation in den Quartieren angewiesen.
Wie kann man diese Stabilität auch in Zukunft garantieren?
Das geht nur, wenn sich sowohl die sozial verantwortliche Wohnungswirtschaft als auch die Mieter auf die Unterstützung von staatlicher Seite verlassen können. Deshalb gilt es, die entsprechenden staatlichen Förderprogramme auch in den nächsten Jahren weiter zu stärken und beispielsweise die Verfahren zur Beantragung von Wohngeld zu digitalisieren und damit deutlich zu beschleunigen.
Nur so kann der Rechtsanspruch vieler Haushalte mit geringem Einkommen auf diese staatliche Unterstützung in der Praxis gesichert werden. Und bei Berücksichtigung all dieser Punkte kann der Staat letztlich auch den sozialen Zusammenhalt in unserem Land über die Zeit der Corona-Pandemie hinaus sichern. Christoph Kastenbauer