Fachkräftemangel bleibt Herausforderung

von Redaktion

Insgesamt gibt es weniger Lehrstellen, wobei die Situation in den Branchen unterschiedlich ist

Waren die Auswirkungen der Pandemie auf den Ausbildungsmarkt bis Ende vergangenen Jahres noch überschaubar, schlagen sich nach und nach die Folgen auch in den Zahlen nieder. Bis Ende Januar 2021 verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit 358660 Ausbildungsplätze. Das sind verglichen mit dem Zeitraum ein Jahr zuvor 8,3 Prozent weniger.

Branchen reagieren unterschiedlich

Mit Blick auf die Branchen ist das Bild jedoch keineswegs einheitlich. Wenig überraschend: Vor allem Ausbildungsbetriebe aus den Bereichen Hotel, Gastronomie und Tourismus sowie Einzelhandelsgeschäfte, die von den Lockdown-Maßnahmen betroffen sind, bieten coronabedingt weniger Lehrstellen an. So gab es etwa einen Einbruch bei den Ausbildungsplatzangeboten zum/r Koch/Köchin. Damit ist der Beruf aus den Top zehn der angebotenen Ausbildungsplätze der Jobbörse der Arbeitsagentur gefallen. Aber auch Industriebetriebe, die nicht von Schließungen betroffen sind, halten sich laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Ende Februar vorgestellt wurde, aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage zurück. Ein recht stabiles Ausbildungsangebot zeichnet sich dagegen im Bereich Lebensmitteleinzelhandel und bei den Drogeriemärkten ab.

Krise nach der Krise

Wobei Arbeitgeber nicht nur weniger Stellen melden, auch sinkt laut der Bundesagentur für Arbeit die Zahl der Bewerber. Die fehlenden Veranstaltungen zur Berufsorientierung sowie die eingeschränkten Möglichkeiten für Schülerbetriebspraktika machen es jungen Menschen, die eine Lehrstelle suchen, und den Unternehmen nicht einfacher, zusammenzukommen. Ausbildungsmessen fielen 2020 komplett aus oder wurden durch digitale Alternativen ersetzt. Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) konnten im Sommer zwischenzeitlich immerhin knapp 60 Prozent der Bewerbungsgespräche in den Betrieben wieder direkt stattfinden und rund 20 Prozent per Video- oder Telefonkonferenz. Auch wenn aktuell das Angebot an Lehrstellen gesunken ist, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass für viele Betriebe nach wie vor der Fachkräftemangel eine Herausforderung darstellt. Für die kommenden 15 Jahre rechnen Experten vor, dass die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland, je nach Studie, um rund vier bis sechs Millionen sinken werde. Das beschäftigt neben der Pandemie auch die Betriebe: In der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage nannten 38 Prozent der Betriebe den Fachkräftemangel als Risiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung. Zum Vergleich: Im Frühsommer 2020 waren es nur 26 Prozent. Vor allem die sinkende Anzahl von Absolventen aus den allgemeinbildenden Schulen wirkte sich nachteilig auf den Bewerbermarkt aus.

Besser als im ersten Lockdown

In der Region bewerten laut einer Umfrage der IHK für München und Oberbayern viele Betriebe ihre Geschäftslage besser als während des ersten Lockdowns vor einem Jahr. Vor allem Industriebetriebe sind weniger stark eingeschränkt, als noch vor der Krise. Bleibt jedoch abzuwarten, wie die eingeführten Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol diese Ergebnisse beeinflussen.

Laut der IHK besteht die Gefahr, dass durch die strengen Einreisebeschränkungen, die auch Waren- und Güterverkehr treffen, die Erholung in der Industrie zum Erliegen kommt. Die IHK hatte für ihren Konjunkturbericht im Januar zahlreiche Unternehmen in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf am Inn, Traunstein sowie Stadt und Landkreis Rosenheim befragt.

Lage in heimischer Wirtschaft gespalten

„Die vergleichsweise gute Lage in der Industrie darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere heimische Wirtschaft gespalten ist. In einigen Branchen ist die Lage seit einem Jahr bitterernst und viele Betriebe stehen vor dem Aus. Ich denke an dieser Stelle an die Gastronomen, Hoteliers, Einzelhändler in unserer Region sowie an die Tourismus- und Veranstaltungsbranche, die nicht nur massive Umsatzeinbußen haben, sondern aktuell auch keine Perspektive haben“, sagt Ingrid Obermeier-Osl, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Altötting-Mühldorf und Vizepräsidentin der IHK. Umso wichtiger sei es, dass das Coronavirus mit einer durchschlagenden Impf- und Testkampagne erfolgreich zurückgedrängt werde und die Wirtschaft wieder eine Perspektive nach Normalisierung bekomme. Es brauche Aufbruchsstimmung und keinen Dauer-Lockdown, so Obermeier-Osl. Das bestätigt auch Irene Wagner, Vorsitzende des IHK-Regionalforums Südostoberbayern: „Seit einem knappen Jahr fordert die Corona-Pandemie die Wirtschaft in Südostoberbayern heraus. Sie wird auch weiterhin die Entwicklungen bestimmen.“ Wagner fordert von der Politik konkrete Konzepte und Vorgaben, wie Geschäfte, Gastronomie und Hotels unter Einhaltung aller Hygieneregeln zeitnah wieder öffnen können. „Gerade in der Tourismusbranche bangen zahlreiche Unternehmen um ihre Existenz, vielen Betrieben droht das Aus.“ vk

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