Es ist schwer vorauszusagen, wie sich das Leben nach der Pandemie entwickeln wird. Noch ist Deutschland mitten in der Corona-Krise, die Fahrt aufnehmende Impfkampagne kann allerdings Anlass zu Hoffnung geben, im Laufe der zweiten Jahreshälfte in einen annähernden „Normalzustand“ zurückzukehren. Doch was ist ab sofort „normal“ und welche Spuren wird die Pandemie gerade im Bereich Wohnen langfristig hinterlassen?
22 Prozent sind unzufrieden
Die Corona-Krise hat für viele erhebliche Einschränkungen ihrer Wohnsituation mit sich gebracht. Lockdown und Ausgangssperren ließen vor allem kleine und enge Wohnformen immer mehr zum Problem werden. Axel Gedaschko, Vorsitzender des deutschlandweit größten Verbandes sozialer Wohnungsunternehmen (GdW) warnt in diesem Zusammenhang sogar vor sozialem Sprengstoff. Wie eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbandes der Privaten Bausparkassen zeigt, sind circa 22 Prozent der Menschen aktuell mit ihrer Wohnsituation wenig oder gar nicht zufrieden. „Viele Bundesbürger spüren coronabedingt erhebliche Einschränkungen ihrer Wohnsituation. Kein Wunder also, dass sich der Anspruch an das Zuhause geändert hat“, so Bernd Hertweck, Verbandschef der Privaten Bausparkassen. Worauf sowohl Hertweck wie auch Gedaschko anspielen: Aufgrund der Erfahrungen der Corona-Krise dürfte auch in Zukunft das Bedürfnis weiter bestehen, das Zuhause noch mehr als sicheren Rückzugsraum zu gestalten. Laut Forsa-Umfrage wünschen sich 18 Prozent der Deutschen mehr Wohnfläche. Jeder Dritte hat während der Pandemie bereits Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen ergriffen. Auch die verstärkte Sicherheit der eigenen vier Wände, aus dem kein Vermieter einen in Krisenzeiten kündigen kann, wird immer mehr angestrebt. Laut Umfrage denkt aktuell jeder fünfte Mieter konkret über Wohneigentum nach.
Doch der bedeutendste Faktor, der die Wohnsituation in Deutschland auch nach Corona beeinflussen wird, ist die Arbeit von Zuhause. Das Homeoffice gab es zuvor als vereinzeltes Modell, durch die Pandemie wurde es salonfähig. Viele Unternehmen richteten erst während der Krise die erforderlichen digitalen Strukturen ein, um den Mitarbeitern auch von zu Hause den Zugang zur Firmendatenbank zu ermöglichen. Und gerade Arbeitgeber erkannten in den vergangenen Monaten den Nutzen von den flexiblen und durchaus produktiven neuen Modellen.
Kaum verwunderlich ist es da, dass knapp 20 Prozent der Menschen sich mehr Wohnräume wünschen – für ein abgetrenntes, konzentriertes Arbeiten. Zudem entfällt durch das Homeoffice die notwendige Nähe zu den jeweiligen Unternehmen, die in vielen Fällen ihren Standort in Großstädten haben. So werden – oftmals günstigere – Kleinstädte und ländliche Regionen immer populärer. Laut Umfrage würden 27 Prozent der Bundesbürger am liebsten im ländlichen Raum in einer Gemeinde mit bis zu 5000 Einwohnern wohnen. 21 Prozent bevorzugen eine Kleinstadt mit 5000 bis 20000 Einwohnern, 26 Prozent eine Mittelstadt mit 20000 bis 100000 Einwohnern. In einer Metropole mit über 500000 Einwohnern wollen nur noch neun Prozent leben. Ein Ergebnis, das vor Corona kaum vorstellbar gewesen äre.Christoph Kastenbauer