„Fachkräfte werden im Handwerk immer gesucht. Daran hat auch die Pandemie nichts verändert“, sagt Mirjana Berndanner, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Rosenheim. Auch im Handwerk leiden viele Betriebe unter der aktuellen Situation, aber die Suche nach gutem Personal sei für viele genauso herausfordernd wie vor der Pandemie: „Das Problem beginnt bei der Ausbildung. Viele Jugendliche entscheiden sich leider gegen eine Ausbildung im Handwerk. Das hinterlässt Lücken. Fachwissen geht verloren“, so Berndanner.
Altersstruktur verändert sich
Ob Bau, Friseur, Metall oder Lebensmittel: Die Innungsmeister aus der Region bestätigen, dass in vielen Gewerken sowohl Fachkräfte eingestellt als auch Lehrlinge ausgebildet werden. Für die Metallbranche bekräftigt Obermeister Anton Hudlberger, dass alle Gewerke, die im Bau- und Ausbaugewerbe tätig sind, nach wie vor dringend nach Fachkräften suchen: „Die Altersstruktur der Fachkräfte verändert sich. Es kommen wenig Jüngere nach, dadurch geht viel Wissen, das durch langjährige Arbeit erworben wurde, verloren.“ Leider scheint es so zu sein, als hätten Handwerksberufe keinen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, bedauert er. Zu Unrecht, denn: „Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen wird im Handwerk immer versucht, den Mitarbeiterstamm zu halten und ohne Kurzarbeit solche Krisen zu überstehen.“
Finanzstarke Betriebe im Vorteil
Das bestätigt auch sein Kollege, Christian Albersinger, Innungsmeister der Metall-Innung Rosenheim: „Auch in der aktuellen Krise gibt es Betriebe, die Fachkräfte suchen und einstellen.“ Natürlich räumt er ein, dass Corona nicht spurlos an den Betrieben vorbeigehe. So gebe es Betriebe, die aktuell Fachkräfte suchen und einstellen, obwohl im Moment der Bedarf nicht da ist: „Es stehen Fachkräfte zur Verfügung, die in guten Zeiten eigentlich nicht zu bekommen sind. Das ist eine Gelegenheit, um in die Zukunft zu investieren. Dies können sich aber nur finanzstarke Betriebe leisten.“ Dass beim Thema Einstellung von neuen Mitarbeitern manche Betriebe zurückhaltend sind, liege nicht zuletzt an Kurzarbeiterregelungen, die bis zum Ende des Jahres befristet sind und bei denen bereits ab Juli die Sozialbeiträge nicht mehr vollumfänglich erstattet werden. Das sorge für Unsicherheit. Leider sei das auch beim Ausbildungsangebot zu spüren: „Da Azubis generell schwer kündbar und auch weitestgehend von der Möglichkeit der Kurzarbeit ausgeschlossen sind, herrscht hier Zurückhaltung. Der von der Regierung angekündigte Bonus für neue und bestehende Ausbildungsplätze war wie die meisten Corona-Hilfen ein Flopp. Die Kriterien dafür wurden so hoch angesetzt, dass normale Betriebe nicht profitieren können.“
Metzger und Fachverkäufer gesucht
Von Zurückhaltung ist bei Obermeister Josef Berghammer von der Metzgerinnung nichts zu spüren: „Fachverkäufer*innen und Metzger sind krisensichere und obendrein systemrelevante Berufe“, das steht für Berghammer außer Frage. „Wir waren zum Glück mit den entsprechenden Auflagen vom Lockdown nicht betroffen.“ Mit Blick auf das Fachpersonal hat sich für den Metzgereimeister aus Ampfing durch die Pandemie wenig verändert. „Gutes Personal, ausgebildete Fachkräfte sind bei mir immer willkommen“, erklärt er. Innungskollegen gehe es genauso: „Wenn Betriebe schließen müssen, dann nicht, weil sie zu wenig Umsatz machen, sondern weil sie kein Personal finden“, so seine Erfahrung. Das gelte auch für Auszubildende: „Wir brauchen den Nachwuchs!“ Die Berufsschule in Altötting sei hier eine wichtige Voraussetzung in der Region.
Bauhandwerk von Krise unbeeindruckt
Weitgehend unbeeinflusst von den Lockdown-Maßnahmen arbeitet auch das Bau- und Ausbauhandwerk, heißt es aus der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Diese Gewerke seien zeitweise logistisch betroffen gewesen, weil Lieferketten unterbrochen waren, oder etwa Ausstellungen, in denen Kunden normalerweise Baumaterialen aussuchen, geschlossen waren.
Im Schreinerhandwerk hängt die Lage der Betriebe stark vom Arbeitsschwerpunkt ab: Während das Bauhandwerk weiterhin gut läuft, sind der Laden- und Messebau nach wie vor von den Schließungen massiv betroffen.
Körpernahe Dienstleistung
Für Stefan Mashold, Obermeister der Friseur-Innung, ist die aktuelle Situation zweischneidig: „Unser Beruf gilt als körpernahe Dienstleistung und ist mit vielen Auflagen verbunden.“ Im Vergleich zum Bauhandwerk oder anderen Gewerken sei sein Berufsstand durch diese Einsortierung viel stärker von den Corona-Maßnahmen betroffen. „Mit der Öffnung im März haben wir eine hohe Wertschätzung erfahren. Aber durch die neuen Regelungen sind viele Kunden wieder verunsichert. Sie rufen an und fragen, ob sie etwa einen Test brauchen. Das wirkt sich auf das Geschäft und schlussendlich auch auf Personaleinstellungen aus“, erklärt Stefan Mashold. „Mehr langfristige Planungssicherheit würde hier den Betrieben helfen.“
Arbeitsmarkt insgesamt positiv
Über alle Gewerke hinweg beurteilt auch die Agentur für Arbeit den Arbeitsmarkt für Handwerker insgesamt positiv: „Der ist nach wie vor sehr gut“, sagt Jutta Müller, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Traunstein. Von den insgesamt im März gemeldeten sozialversicherungspflichtigen 3229 Stellen im Agenturbezirk entfielen 994 auf Handwerksberufe. Die meisten Stellenangebote kamen mit 153 aus dem Bereich Speisezubereitung, gefolgt von Maschinenbau und Betriebstechnik, Energietechnik, Hochbau- und Holzverarbeitung. „Speisezubereitung“ meint vor allem Köche und Köchinnen. Im Vergleich zum März 2020 haben die Stellenangebote zwar insgesamt abgenommen. Mit 153 bewegten sie sich aber auf dem Niveau der Hochsaison 2020, als alle Hotels und Gaststätten geöffnet waren: Auch wenn Lockerungen aktuell nicht in Sicht sind, wollen anscheinend manche Häuser vorbereitet sein. Katharina Vähning