Die Kunst, im Lockdown gut auszubilden

von Redaktion

100 Tage im zweiten Lockdown: 100 Tage ohne Gäste und ohne Veranstaltungen. Damit auch in diesen Zeiten eine praxisnahe und zielgerichtete Ausbildung möglich ist, haben sich einige Mitgliedsbetriebe des DEHOGA Bayern zusammen mit ihren Auszubildenden kreative Lösungen einfallen lassen. „Die Zeiten sind für unsere ganze Branche besonders schlimm und nagen auch tief an der Zuversicht des Nachwuchses. Deshalb sind Lichtblicke der Ausbildung, wie sie zuhauf aus der Branche kommen, ein wichtiger Beitrag“, weiß die Leitung der Berufsfachschule (BFS) Wiesau.

Unterricht in virtuellen Showrooms

Unterricht wird als Videokonferenz im Dialog und auch in virtuellen Showrooms (mit 3D-Rundgängen) durchgeführt. An der BFS hat jeder zweite Schüler ein hochwertiges digitales Leihgerät (iPad mit Stift oder Convertible) von der Schule erhalten. Die Beteiligung und Motivation der Schüler sind enorm. Das Credo der Schulleitung lautet: „Wir versuchen, in der Krise digital dazuzulernen und zu wachsen.“ Mehr unter www.tourismusschule.info.

Die Krise brachte auch Vorteile mit sich

Dabei konnten die Auszubildenden dieser außergewöhnlichen Phase ihrer Lehrzeit auch durchaus Po-sitives abgewinnen. Es fielen Aussagen wie „Endlich hat unsere Chefin unbegrenzt Zeit für uns“ oder „Toll, wie wir Verantwortung übernehmen und zeigen durften, was in uns steckt“, oder auch „ich hätte nie gedacht, wie mir unsere Stammgäste fehlen“.

Trotzdem ist es natürlich für alle Beteiligten schade, dass der Corona-Jahrgang der Auszubildenden auf viele Highlights verzichten musste. Sie konnten spannende Gäste und festliche Events wie Hochzeiten und Galaabende nur teilweise live miterleben. Umso wichtiger sind in dieser herausfordernden Zeit vielfältige Aktionen und innovative Ansätze der Branche.

Im BestHotel Zeller in Königsbrunn kamen Hoteldirektorin Gabi Dreisbach und ihre Auszubildenden im Lockdown auf die Idee, einen eigenen Kräutergarten anzulegen. Eine willkommene Abwechslung nach der intensiven Prüfungsvorbereitung für die schriftliche und praktische Abschlussprüfung mit Kochen, Tischdecken und Filetieren.

Zubereiten und dann selbst essen

Gerhard und Uschi Kohlfürst, Geschäftsführer der Fürstenfelder Gastronomie & Hotel GmbH in Fürstenfeldbruck, sind der Meinung, selbst wenn derzeit keine Gäste da sind, die ihre Fische essen, sei das noch lange kein Grund, sie ihren Mitarbeitern vorzuenthalten. Deshalb gibt es im Fürstenfelder – wie zu normalen Zeiten – umfassende fachliche Unterweisungen. Und nach der Zubereitung essen die Azubis den Fisch selbst.

Die fünf Auszubildenden des Hotel Apollo in Bad Füssing dekorieren die Tische im großen Restaurant – auch ohne Gäste.

Extra viel Zeit

Geschäftsführer Thomas Thul findet: „Unsere Prüfungsvorbereitungen laufen wie immer und wir nehmen uns als kleinen Ausgleich für die vielen Corona-Verzichte extra viel Zeit für unsere gemeinsamen Lernstunden, die Persönlichkeitsbildung und gute Gespräche.“

Not macht erfinderisch. So hat Familie Ihle vom Waldvogel einfach die Mit-arbeiter-Weihnachtsfeier nach draußen verlegt und in ihrem Innenhof einen Drive in aufgebaut. Seniorchefin Barbara Ihle reichte Plätzchen auf der Bäckerschaufel in die Autos. Eine Station weiter gab es am Lagerfeuer einen heißen Apfel-Zimtsaft im Öko-To-Go-Becher. Weiter ging es ans Küchenfenster, wo Juniorchefin Stefanie Pröbstle frisch gebackene Waffeln ins Auto reichte. Im Innenhof stand Juniorchef Mathias und belud die Kofferräume mit Geschenken, einem Weihnachtsbrief und einer Gemüsekiste aus dem Biogarten. Als Überraschung gab’s vom Seniorchef Gebhard bei der Ausfahrt noch eine lebende Krippe mit dem eigenen Esel und ein paar Schafen nebst Josef und Maria zu bestaunen: „Es war unseren Ausbildungsbetrieben ein hohes Anliegen, gerade ihre Auszubildenden auch während der Corona-Krise zu halten, auszubilden und zu fördern. Am Ende ihrer Ausbildung sind sie wertvolle, bestens geschulte Fachkräfte, die unsere Betriebe nach der Corona-Krise dringend benötigen.

Azubis dringend gesucht

Bei den Neueinstellungen von Azubis hat sich gezeigt, dass alle Arten von Ausbildungsmessen und Schulveranstaltungen ausgefallen sind. Zudem war es während des Lockdowns im Gastgewerbe nicht einfach, junge Menschen für diese Branche zu gewinnen“, erklärt Susanne Droux, Geschäftsführerin Berufsbildung/Branchenförderung des DEHOGA Bayern.

Wen eine Ausbildung im Gastronomiegewerbe interessiert, sollte wissen: „Ausbildungsbetriebe gerade auch im ländlichen Raum sind an einer Einstellung von Auszubildenden sehr interessiert. Daher werden wir im Juli 2021 auch nochmals öffentlich die Möglichkeit von Schnupperpraktika in den Sommerferien, aber auch ab sofort anbieten. Dieses Angebot ist verbunden mit der Zusage auf einen Ausbildungsvertrag noch für Herbst 2021 bei gegenseitigem Interesse.“

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