Klimaschutz verteuert Wohnraum

von Redaktion

Bund plant Anhebung von Neubaustandards auf Kosten privater Bauherren

Nach aktuellen Plänen des Klimaschutz-Sofortprogramms 2022 plant die Bundesregierung die Anhebung der Neubaustandards – so sollen Solarmodule auf neuen und modernisierten Hausdächern zur Pflicht werden. So verständlich im Zuge des immer weiter fortschreitenden Klimawandels diese Maßnahmen sind, treten sie dennoch in Konflikt mit einem anderen dringlichen Problem: der in Deutschland vorherrschenden Wohnungsknappheit. Verbände und Unternehmen fürchten einen Rückgang der Wohnbauprojekte, da gerade für private Bauherren die geplanten Neubaustandards schlicht zu teuer werden.

Klimaschutz muss
bezahlbar bleiben

Schon heute übersteigen die Baukosten vielerorts die zur Verfügung stehenden Mittel der Verbraucher. Bauen ist für viele aufgrund von Baulandmangel, gestiegenen Baupreisen und zu hohen Nebenkosten finanziell kaum mehr zu schultern. Florian Becker, Geschäftsführer des Verbraucherverbandes Bauherren-Schutzbund (BSB) warnt deshalb davor, Bauherren noch mehr zu belasten und die Preisschraube durch neue Vorgaben weiter anzuziehen: „Bauherren müssen sich das Klimaschutz-Sofortprogramm auch leisten können. Will man sie auf dem Weg in die Klimaneutralität nicht verlieren, muss genauso laut über Entlastungsmodelle diskutiert werden, wie über neue Vorschriften zum energieeffizienten Bauen.“

Einfach gesagt: Der BSB fordert vom Bund – wenn er das Bauen verteuert – auf der anderen Seite einen finanziellen Ausgleich. Sonst drohe der Wegfall einer wichtigen gesellschaftlichen Komponente. „Das Baukindergeld hat gezeigt, dass private Bauherren in den wohn- und klimapolitischen Zielen eine große Rolle spielen sollen. Wenn die Quote für klimagerechtes Bauen weiter steigen soll, müssen Bauherren auch zukünftig effektiv entlastet werden“, betont der BSB-Geschäftsführer. Dies könne laut Becker durch eine längst überfällige Reform der Grunderwerbssteuer erfolgen – aber auch durch Bauklimageld, leichteren Abschreibungsmodellen und Direktförderungen. Wie wichtig die breite Masse an privaten Häuslebauern für Wirtschaft und Klimaschutz ist, betont auch der Präsident des Bundesverbands Freier Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Andreas Ibel. Die Maßnahmen der Bundesregierung kritisiert Ibel dabei als zu einseitig. „Der Mittelstand hat die Ideen und die Innovationskraft, um wirkungsvollen Klimaschutz voranzubringen. Gleichzeitig stehen wir in der Verantwortung, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Für unsere Unternehmen geht es deshalb nicht um ideologische Experimente, sondern um die Wirtschaftlichkeit. Nur wenn sich eine Investition in einer angemessenen Zeit refinanzieren lässt, wird sie auch getätigt“, so Ibel. Es sei deshalb von zentraler Bedeutung, dass die Politik bei all ihren Maßnahmenpaketen für mehr Klimaschutz die Wirtschaftlichkeit berücksichtige. Die Aufstockung der Mittel für die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude sei dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Die einseitige Erhöhung von Neubaustandards habe in der Vergangenheit wenig gebracht.

Fokussierung auf Fotovoltaik-Anlagen

Einen weiteren kritischen Punkt sieht der BSB in der Fokussierung des Bundes auf Fotovoltaikanlagen. Becker dazu: „Klimagerechtes Bauen muss technologieoffen sein und die individuellen Gegebenheiten berücksichtigen. Manche Gebäude sind wegen Verschattung und Lage nicht für den Einsatz von Solaranlagen geeignet. Dann können beispielsweise auch Wärmepumpen oder ressourcensparende Bauweisen helfen, mehr Klimaneutralität im Gebäudesektor herzustellen.“ Auch die Bewohner von älteren und energiekritischen Gebäuden müssten auf dem Weg in die Klimaneutralität mitgenommen werden. Pauschale Regelungen bergen laut Becker Gefahren: „Wer bei einer Dachmodernisierung immer auch verpflichtend ein Solarpanel installieren muss, überlegt sich womöglich überhaupt das Dach anzufassen und dämmt im schlimmsten Fall gar nicht.“Christoph Kastenbauer

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