Lebendiges Dach gegen die Hitze

von Redaktion

Das Begrünen versiegelter Flächen schützt vor Folgen des Klimawandels

Für rund ein Sechstel der gesamten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland ist der Immobiliensektor verantwortlich.

Wo der Mensch Boden versiegelt und sich in diesen versiegelten Flächen zurückzieht, trifft ihn die zunehmende Hitze des Klimawandels umso stärker. Stein, Beton und Asphalt heizen sich auf und geben die gesteigerte Wärme doppelt zurück. Einen Ausweg soll das vermehrte Begrünen von Dächern aufzeigen.

Die heißeste Stadt Deutschlands ist Frankfurt am Main. 2019 wurde dort die Spitzentemperatur von 40,2 Grad gemessen, gleichzeitig fielen nur noch zwei Drittel der üblichen Niederschläge. Da passt es, dass gerade in der hessischen Metropole das Projekt „Lebendige Dächer“ exemplarisch erforscht wird. Das Ziel der Forscher: Die sich aufheizende Versiegelung mit grünen Schutzwällen abzuschirmen und somit für Abkühlung zu sorgen. Begrünte Dächer sollen auf diese Weise in stark erhitzten Städten zur Verbesserung des Klimas beitragen. Und zwar mit einer Biodiversitäts-Bepflanzung.

Bis 2024 erforscht ein Team, wie das Potenzial bestehender Dachbegrünungen für den Natur- und Artenschutz, vor allem die heimische Pflanzen- und Tierwelt, gesteigert werden kann. Dabei testen die Forscher, wie geeignet bedrohte heimische Pflanzenarten für Gründächer sind, und erproben Verfahren zur Aufwertung artenarmer Dachbegrünungen.

Begrünte Dächer punkten mit etlichen positiven Eigenschaften. Ihre Pflanzen erzeugen als natürliche Klima-Anlagen eine Verdunstungskühlung von 0,5 bis 1,5 Grad. Dazu absorbieren die Grün-Dächer Niederschlag wie ein Schwamm, je dicker die Drainage und Substrat-Schicht, umso wirkungsvoller. Sie saugen Wasser auf. Ein Teil verdunstet langsam, der Rest wird verzögert in die Entwässerung geleitet. Dies entlastet das Abwassernetz und ist somit gerade bei Starkregen enorm wichtig – bei intensiver Begrünung kann der Rückhalt des Wassers laut Experten bis zu 99 Prozent betragen. Weiteres Plus: Als natürliche Wärmedämmung schützt ein begrüntes Dach im Winter vor Frost und mindert im Sommer die Hitzeeinstrahlung. Zudem filtern die Pflanzen Schadstoffe aus der Luft.

Immer mehr Bauherren und Architekten planen deutschlandweit beim Neubau eine Dachbegrünung ein. Im Jahr 2019 kamen 7,2 Millionen Quadratmeter Fläche neu hinzu, so der Marktreport des Bundesverbands Gebäudegrün (BuGG). In etlichen Städten sind klimaangepasste Dächer schon Pflicht im Bebauungsplan.

Noch ein weites Feld für Kommunen und Städte ist dagegen die Nachrüstung vorhandener Dachflächen – neben Wohnhäusern auch Industrie- und Geschäftsbauten – die sich effektiv begrünen lassen könnten. Auch kleine Schritte können hier im Kampf gegen die zunehmende Erhitzung deutscher Großstädte weiterhelfen – ein Modellprojekt des Frankfurter ÖPNV plant aktuell die Begrünung der Dächer an Bushaltestellen. Christoph Kastenbauer

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