Investitionsrückgang bei Solardächern

von Redaktion

Wirtschaft warnt: Ohne politische Gegenmaßnahmen könnte Nachfrage einbrechen

Solarenergie gilt als eine der tragenden Säulen zukünftiger Stromversorgung. Umso besorgniserregender ist die aktuelle Entwicklung: Unternehmensverbände registrieren gegenwärtig einen deutlichen Investitionsrückgang bei gewerblichen Solardächern. In einer aktuellen Studie machten Marktforscher von EUPD Research eine kontinuierliche Verschlechterung der Investitionsbedingungen als wesentliche Ursache dafür aus. Gleichzeitig warnen sie vor einem Markteinbruch bei Solarenergie in Privathaushalten im nächsten Jahr.

Diese Entwicklung steht im direkten Widerspruch zum Plan einer künftigen Bundesregierung, dass „alle geeigneten Dachflächen für Solarenergie genutzt“ werden (Wortlaut aus dem Ergebnispapier der Sondierungsverhandlungen vom 15. Oktober).

So soll laut Plänen der „Ampel“-Koalition der Ausbau Erneuerbarer Energien „drastisch beschleunigt“ werden. Die Realität sieht derzeit anders aus. Die Branche schlägt nun Alarm, der dringende Appell geht Richtung Berlin: Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordern die schnelle Wiederherstellung attraktiver Investitionsbedingungen und kostendeckender Marktprämien.

Prämien für Anlagen
gesunken

Nach den Berechnungen von EUPD Research ging die neu installierte Solarstromleistung auf Gewerbedächern in den ersten neun Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr bereits um 18 Prozent zurück. Die Marktprämien für neue Solarstromanlagen sind seit Anfang 2020 um 29 Prozent gesunken und sinken monatlich weiter, während die Preise für Solarstromanlagen in diesem Zeitraum gestiegen sind.

Die Installation neuer Solardächer werde damit laut Studie wirtschaftlich unattraktiver. „Es ist überfällig, den Anspruch des Gesetzgebers wieder einzulösen und die Fördersätze mit der Technologie- und Systempreisentwicklung sowie den verschärften Klimaschutzzielen politisch in Einklang zu bringen“, meint Martin Ammon, Geschäftsführer und Studienleiter bei EUPD Research. Ohne rechtzeitige politische Gegenmaßnahmen werde die Nachfrage nach Solardächern nicht wachsen, sondern im kommenden Jahr um ein Drittel einbrechen, so die Prognose der Bonner Marktforscher.

Der BSW sieht deshalb die zukünftige Regierung in der Pflicht, die jährlichen Ausbauziele für die Solartechnik stufenweise auf 20 Gigawatt zu vervierfachen.

„Hebebühne“ statt
„Atmender Deckel“

Mittels einer Sofortmaßnahme zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse zeitgleich die notwendige Voraussetzung geschaffen werden, dass dieses Ziel erreichbar werde. Größtes Hemmnis sei dabei der im EEG festgelegte „atmende Deckel“ – ein Förderinstrument, das die Höhe der Prämien von der aktuellen Nachfrage abhängig macht. Dieses habe im Zusammenspiel mit dem seit zehn Jahren weitgehend unangepassten und zur Erreichung der Klimaziele viel zu geringen Zubau-Ziel für Solardächer dramatische Marktauswirkungen: Der eingesetzte Algorithmus bestimme aufgrund der zu geringen Bezugsgröße „Zubau-Ziel“ zu wenig Förderung für Solarstrom aus neu errichteten Solaranlagen.

Die Folge: eine zu geringe Kompensation für eingespeisten Grünstrom aus Solaranlagen und eine entsprechend geringe Nachfrage.

Wenn es nach den Vorstellungen der Solarbranche geht, gehört dieser „atmende Deckel“ wenn nicht ausrangiert, so doch dringend angepasst. Die neuen Rahmenbedingungen müssten sich klar an der Zielerreichung der erst jüngst verschärften Klimaziele orientieren.

Rückendeckung erhält die Branche in dieser Frage auch vom Umweltbundesamt. Dieses hatte erst vor wenigen Wochen auf Basis einer Auftragsstudie des Öko-Instituts die Umwandlung des Deckels in eine „Hebebühne“ gefordert, um den Investitionserwartungen von Unternehmern und privaten Verbrauchern wieder zu entsprechen. Die von der Ampel-Koalition geplante Einführung von Solarpflichten könne wegen ihres zu geringen Marktimpulses diesen seit Jahren bestehenden Reformstau hingegen nicht kompensieren, so die übereinstimmende Meinung von BSW und BVMW.

Im Gegenteil: Es gelte, Verbote und Vorschriften weitgehend zu meiden.

„Immer mehr Unternehmer wollen in Solartechnik investieren und ihren künftigen Energiebedarf aus Erneuerbaren Energien sichern. Dabei treffen sie aber auf immer mehr Marktbarrieren und Bürokratie“, beklagt etwa Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt des BVMW.

Für BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig ist es in Bezug auf die aktuelle Entwicklung fünf vor zwölf. „Wer den Klimaschutz ernst nimmt und eine Laufzeitverlängerung von Atom- und Kohlemeilern durch die europäische Hintertür verhindern will, muss den Ausbau der Solar- und Speichertechnologien jetzt massiv beschleunigen, ihre Finanzierung absichern und alle Bremsen lösen“, mahnt er.

Dazu zählen nach Übereinstimmung von BSW und BVMW auch eine Anhebung der Ausschreibungsgrenze für Fotovoltaik-Aufdachanlagen, die Ausweitung des abgabenfreien Eigenverbrauchs von Solarstrom, die Abschaffung der Personenidentität beim Verbrauch dieses Stroms vor Ort sowie die Etablierung langfristiger Planungssicherheit für Solaranlagenbetreiber. Ck / Bsw

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