Seitdem in Deutschland 2006 die Bundesländer die Entscheidungshoheit über die Höhe der Grunderwerbssteuer bekommen haben, regt sich von vielen Seiten Kritik. Denn viele Länder nutzten diesen Umstand, um den Satz deutlich zu erhöhen.
Steuer wichtiges Mittel
„Zu Recht“, betonen die einen, welche die Steuer als wichtiges Mittel sehen, um soziales Ungleichgewicht besser eindämmen zu können. Die anderen – gerade Wohnungsbau- und Eigentümerverbände wie der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sowie Haus & Grund Deutschland – sehen darin eher das berühmte Stöckchen, das man dem privaten Wohnraumbeschaffer noch einmal zusätzlich zwischen die Beine wirft. Und das in Zeiten einer weiter wachsenden Wohnraumkrise.
Eine jüngst von Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln veröffentlichte Studie ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Die hat untersucht, wie lange Durchschnittsverdiener sparen müssen, um beim Erwerb einer Immobilie allein die fällige Steuer zahlen zu können. Das Ergebnis ist ernüchternd: bis zu zehn Jahre und mehr.
Trauriger Spitzenreiter dieser Rechnung ist Berlin. Hier sparen laut IW Paare beim Kauf eines Einfamilienhauses zehn Jahre und sieben Monate lang, um die Grunderwerbssteuer von sechs Prozent aufbringen zu können. Spitzenreiter bei der Gewerbesteuer ist im Übrigen Nordrhein-Westfalen mit 6,5 Prozent. Trotz niedrigerer Häuserpreise als in der Hauptstadt müssen deshalb etwa kaufwillige Paare in Düsseldorf mit neun Jahren und neun Monaten einen ähnlich langen Zeitraum auf die Bewältigung der Abgabe hinarbeiten.
Das IW ging bei seinen Berechnungen davon aus, dass Käufer den mittleren Durchschnittslohn ihres Wohnorts erhalten und gut zehn Prozent ihres monatlichen Einkommens zur Seite legen können.
Die zu erreichende Summe ergibt sich durch den im Bundesland geltenden Steuersatz sowie den in der Region erhobenen durchschnittlichen Kaufpreis von Einfamilienhäusern von 130 Quadratmetern Größe.
In München übrigens, die neben Hamburg als teuerste Stadt Deutschlands gilt, müssen Käufer „nur“ durchschnittlich 7,72 Jahre für die Grunderwerbssteuer sparen. Dies liegt nicht am Preis – mit einem Durchschnittswert von knapp 1,3 Millionen Euro pro 130-Quadratmeter Haus ist München deutlich teurer als etwa Berlin mit 816270 Euro.
Allerdings ist im Bundesland Bayern – neben Sachsen – der Grunderwerbssteuersatz mit 3,5 Prozent am niedrigsten.
Die neue Regierung scheint sich dieser Problematik durchaus bewusst zu sein.
Laut Koalitionspapier will die „Ampel“ die Grunderwerbssteuer reformieren. Bundesländer sollen in Zukunft flexibler bei der Gestaltung sein und etwa durch Freibeträge den Immobilienkauf erleichtern.
Christoph Kastenbauer