Besichtigung per Mausklick

von Redaktion

Virtuelle Rundgänge sind populär, aber umstritten

Immer mehr Elemente des alltäglichen Lebens verlagern sich in die digitale Welt. Der Einkauf wird online per Mausklick erledigt und der Kinofilm auf dem hauseigenen TV gestreamt. Die neueste Entwicklung in diesem Bereich betrifft den Kauf und das Anmieten von Immobilien. Die reale Besichtigung einer Immobilie wird hier immer mehr von virtuellen Rundgängen ersetzt.

Kunde besichtigt
digitalen Zwilling

Es ist ein bisschen wie Google Streetview, nur eben innerhalb der vier Wände. Digitale Aufnahmen der Wohnung werden in 3D-Visualisierungsprogrammen zu einem 360-Grad-Gesamtgebilde zusammengefügt. Das Ergebnis: Der Kunde kann sich per Maus und Klick durch den sogenannten digitalen Zwilling der Wohnung bewegen und erhält so den Eindruck einer realen Besichtigung – beinahe jedenfalls.

Denn gegen den aktuellen Hype, der sich gerade bei international tätigen Maklerbüros wie etwa Engel & Völkers zeigt, regt sich auch Widerstand. Der Verband Privater Bauherren (VPB) beispielsweise hält die virtuelle Besichtigung für nicht ausreichend, um eine Entscheidung für oder gegen ein Objekt zu treffen. Sie liefere allenfalls einen ersten Eindruck vom Inneren der Wohnung oder des Hauses. Mindestens ebenso wichtig wie das Innere sei allerdings das Umfeld der Immobilie und bei einer Eigentumswohnung das Gemeinschaftseigentum. „Erst wer die Umgebung kennt, weiß, auf was er sich einlässt. Jede Immobilie hat eine Nachbarschaft, sie hat Geräusche und Gerüche und wirkt am ruhigen Samstagnachmittag anders als am Montagmorgen kurz vor acht Uhr“, erklärt der VPB in einer Pressemeldung.

Bei Engel & Völkers sieht man das neue Werkzeug deutlich positiver. „Virtuelle Touren ermöglichen einen authentischen Eindruck einer Immobilie“, sagt Maklerin Gabriela Muñoz. Zudem sei eine virtuelle Tour sehr interaktiv und gebe den Kunden die Chance, die Immobilie in einer lebendigeren Situation zu erleben als nur durch das Exposé. Dem VPB widerspricht die Maklerin in der Hinsicht, dass auch die Nachbarschaft oder die anliegende Straße digital zu erkunden seien. Bei Engel & Völkers seien Immobilienberater immer vor Ort und könnten den Kunden per Video-Call einen zusätzlichen Eindruck vermitteln.

Dennoch, auch Muñoz sieht das Instrument vor allem für eine Vorauswahl von Seiten der Kunden geeignet.

„Erfahrungsgemäß ersetzen virtuelle Besichtigungen nicht die persönliche Objektbegehung vor Ort. Sie stellen jedoch in der ersten Sichtungsphase eine zeitsparende Alternative für unsere Kunden dar.“ Der VPB weist zusätzlich auf einen Punkt hin, bei dem der rein digitale Kontakt in jedem Fall nicht ausreicht: „Bei ernsthaftem Interesse sind zwei bis drei reale Führungen nötig – eine davon mit dem unabhängigen Bausachverständigen, der die Immobilie auf Mängel prüft.“ Christoph Kastenbauer

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