Spurwechsel statt Abbruch

von Redaktion

Abitur und Studium sind nicht für jeden der Königsweg

Die IHK beurteilt die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe weiterhin als sehr hoch. Das Problem: „Die Zahl der Bewerbungen ist niedriger als die Zahl angebotener Lehrstellen“, so Florian Reil, Pressesprecher der IHK für München und Oberbayern. Daher hätten Bewerberinnen und Bewerber gute Chancen, eine Ausbildung in ihrem Traumberuf zu starten. Auch die schwer von den Corona-Einschränkungen betroffenen Branchen Handel, Gastronomie sowie Hotellerie und die Veranstaltungsbranche würden sich freuen, wenn junge, motivierte Nachwuchskräfte sich für eine Ausbildung in diesem Bereich entscheiden. Denn eines sei gewiss: „Für den Neustart nach der Krise sind die Unternehmen auf Fachkräfte angewiesen“, so Reil.

Der Fachkräftemangel ist für die heimische Wirtschaft das größte Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, heißt es vonseiten der IHK. So würden viele Unternehmen berichten, dass offene Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben und die Zahl der Bewerbungen nicht ausreichend sei, die unbesetzten Ausbildungsplätze zu besetzen: „Das Problem sind nicht zu wenige Ausbildungsplätze, sondern zu wenige Bewerberinnen und Bewerber“, konstatiert Florian Reil.

Abitur ist nicht immer der Königsweg

Viele Schulabgänger würden in Abitur und Studium den Königsweg für beruflichen Erfolg sehen: „Das ist eine falsche Annahme! Die Wirtschaft sucht händeringend qualifizierte Fachkräfte, die eine Berufsausbildung absolviert haben und Praktiker sind“, betont Reil.

Es gibt Branchen, in denen die Situation besonders heikel ist. So sei wie seit Monaten im Handel und in der Gastronomie die Nachfrage nach Azubis besonders hoch.

Auch in der Baubranche fehlen sowohl Fachkräfte als auch Nachwuchs. Besonders hart getroffen hat es die Logistik- und Speditionsbranche. Hier stelle der Mangel an ausreichend Berufskraftfahrern ein großes – zunehmend ernstes – Problem dar. Aber grundsätzlich würden Azubis branchenübergreifend händeringend gesucht, so der IHK-Sprecher.

Hohe Zahlen bei Studienabbrüchen

Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung beträgt die Studienabbruchquote im Bachelorstudium insgesamt 27 Prozent, berechnet auf Basis des Absolventenjahrgangs 2018. Dabei fällt die Quote an den Universitäten höher aus als an den Fachhochschulen. Überdurchschnittlich hoch ist die Abbruchquote im universitären Bachelorstudium in den Geisteswissenschaften sowie in Mathematik und Naturwissenschaften. An Fachhochschulen ist sie ebenfalls in der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften mit 39 Prozent besonders hoch, ebenso in den Ingenieurwissenschaften.

Studium auf Ausbildung anrechnen lassen

Viele Unternehmen haben mittlerweile diese Studienabbrecher im Blick. „Wir sehen noch Optimierungspotenzial in diesem Bereich, das beginnt schon mit dem negativen Wording „Studienabbrecher“. Dabei wechseln sie nur die Spur. Aus anderer Sicht bietet ein Spurwechsel viele Möglichkeiten“, erläutert Florian Reil. Vielen sei zum Beispiel gar nicht bewusst, dass sich die Inhalte des Studiums teilweise auf die Ausbildung anrechnen lassen und die Ausbildungszeit dadurch bis zu 50 Prozent verkürzt werden kann. Auch mit Blick auf die duale Berufsausbildung kommt es immer wieder zu Abbrüchen. Aber diese Zahlen und Daten müssen in diesem Kontext mit Vorsicht interpretiert werden. Denn Vertragslösung bedeuteten nicht unbedingt einen endgültigen Abbruch der Berufsausbildung; auch Betriebs- oder Berufswechsel innerhalb des dualen Systems können mit Vertragslösungen einhergehen. Das heißt: Nur weil ein Ausbildungsvertrag aufgelöst wird, heißt es nicht sofort, dass eine duale Ausbildung abgebrochen wird. vk

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