Selbst routinierten Autofahrerinnen oder Autofahrern, die schon zigtausend Kilometer mit dem Pkw hinter sich haben, kann es etwas mulmig werden, wenn sie zum ersten Mal hinter dem Steuer eines Reisemobils sitzen. Das Handling im Cockpit unterscheidet sich im Prinzip zwar kaum von dem herkömmlicher Personenwagen, aber die Ausmaße sind gewöhnungsbedürftig.
Vor der Praxis liegen die Formalien. Insbesondere Caravan-Mieter müssen bedenken, dass sie mit dem „normalen“ Führerschein (Klasse B) nur Fahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen Gesamtgewicht fahren dürfen. Für schwerere Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht benötigen sie den Führerschein Klasse C.
Die Gewichtgrenze hat handfeste Folgen für die Beladung: In der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (umgangssprachlich „Fahrzeugschein“) findet sich meist die Angabe „Masse des Fahrzeugs mit Aufbau im fahrbereiten Zustand“. Diese Gewichtsangabe umfasst – neben dem Fahrzeug selbst – auch das Gewicht von 90 Prozent des Kraftstoffs, fest verbauter Zusatzbauteile, vorgeschriebener technischer Ausstattung und 75 Kilo für den Fahrer oder die Fahrerin.
Dazu addiert werden müssen unter anderem das Gewicht der Frischwasser- und Gasvorräte, die Füllung der Chemietoilette und des Boilers und das Körpergewicht der Mitreisenden.
Und damit nicht genug: Die Achslast – sie steht ebenfalls in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 – darf keinesfalls überschritten werden, auch wenn das Gesamtgewicht ansonsten eingehalten wird. Zur Berechnung dient die Faustformel Achslast = (Leergewicht + Ladung) durch Zahl der Achsen. Das Ergebnis stimmt aber nur, wenn auf beiden Achsen dasselbe Gewicht liegt, das Fahrzeug also ausgeglichen beladen wurde.
Im Zweifel hilft nur die Fahrt zu einer Waage. Denn Übergewicht insgesamt und zu hohe Achslast führen zu Bußgeldern.
Schon nach den ersten Metern am Steuer wird jedem klar, dass sich ein Fahrzeug von 3,5 oder 7,5 Tonnen Gewicht anders verhält als ein Pkw. Das gilt vor allem beim Beschleunigen und Bremsen, erst recht bei schlechten Wetterbedingungen. Zudem sind Reisemobile mit ihren großen Front- und Seitenflächen anfälliger für Wind, etwa beim Überholen von Lkw auf der Autobahn oder auf Brücken. Das Verkehrsschild „Achtung: Seitenwind“ sollte man am Steuer eines Reisemobils ernst nehmen.
Grundsätzlich gilt: Die langsamere Beschleunigung eines Reisemobils einkalkulieren, ebenso seine größere Masse und damit die längeren Bremswege. Wer den Verkehr im Blick behält und vorausschauend fährt, wird hoffentlich jedes abrupte Bremsmanöver vermeiden können, was übrigens nicht nur der Sicherheit der Mitreisenden, sondern auch dem Familienfrieden dient. Im Reisemobil bleibt eine Vollbremsung selten ohne Folgen für die Schrankinhalte.
Die Masse übt ihren Einfluss allerdings nicht nur bei der Längsbeschleunigung beim Bremsen oder Gasgeben aus. Sie schiebt bei Glätte den Wagen auch schon einmal gerade durch die Kurve.
Wegen ihrer Länge, dem großen Radstand und dem oft überlangen Überhang am Heck erfordern Reisemobile eine andere Art des Kurvenfahrens oder Abbiegens: Weiter ausholen ist angesagt, wenn die Hinterräder eine Kurve schaffen sollen, ohne über den Bordstein zu rumpeln.
Die nächste Herausforderung stellt das Rangieren eines Wohnmobils dar, womöglich rückwärts. Länge und Breite des Fahrzeugs erfordern besondere Umsicht. Da ist eine zweite Person, die außen die Lage im Blick hat und die richtigen Zeichen gibt, oft wichtiger als die beiden Außenspiegel. Hilfreich ist natürlich eine Rückfahrkamera, die es auch zum Nachrüsten gibt.
Auch Parken will gelernt sein. Dass das Mobil zum Schlafen am besten eben steht, werden einem die Mitreisenden schon beibringen. Der erfahrene Reisemobilist parkt sein Mobil immer so, dass er den Stellplatz geradeaus verlassen kann.
Auch von oben kann es knapp werden – etwa durch Äste, bei Dachaufbauten wie Solarpaneelen oder Sat-Antennen. In Deutschland warnen meist Verkehrsschilder vor niedrigen Durchfahrten oder zu schmalen Passagen.
Wer nicht völlig unbedarft starten will: Neulinge erhalten zum Beispiel bei InterCaravaning-Händlern bei Miete oder Kauf eine technische Einweisung. Manche Hersteller und die Automobilclubs bieten zudem spezielle Reisemobil-Fahrsicherheitstrainings, bei denen man unter anderem richtiges Beladen, Bremsen, Einparken und Kurvenfahren üben kann.aum