Genussreise entlang der Donau

von Redaktion

Kultur und Kulinarik von Passau über Linz und Wien bis Budapest

Hochmut kommt vor dem Fall! Schonungslos enthüllt der Verfasser des Nibelungenliedes den Wesenskern seiner Helden und lässt dabei kein gutes Haar an ihnen. Gunther, Kriemhild, Siegfried und Hagen, sie alle sind für den Autor Getriebene ihrer jeweiligen Charakterschwächen. Mit Verrat und Betrug torkeln sie ihrem Untergang entgegen, bis die von Kriemhild gestellte Falle gnadenlos zuschnappt.

Denn offenbar hat Gunthers Schwester noch alte Rechnungen zu begleichen. So tarnt sie ihre Rachegelüste als gut gemeinte Familieneinladung an den ungarischen Hof ihres Ehemannes, des Hunnenkönigs Etzel. Die List gelingt, und die über die Donau angereisten Gäste fallen an ihrem Ziel einem blutigen Gemetzel zum Opfer. Die Donau wird damit für sie zum Schicksalsstrom. Noch heute erinnert der Nibelungengau bei Pöchlarn an die fest in der Sagenwelt verankerten Geschehnisse.

Eine Flusskreuzfahrt im heutigen Sinne war die damalige Anreise nach Ungarn sicherlich nicht. Und eine Genussreise war es erst recht nicht, wie sie nun für die Reise mit der „MS Heidelberg“ bevorsteht. Als Ausgangspunkt dient die Grenzstadt Passau, wo einst auch das Nibelungenlied seinen Anfang nahm.

Doch gut Ding will Weile haben. Denn auf der Strecke flussabwärts nach Linz muss das Schiff gleich drei Schleusen überwinden. Unweit der neuen Schiffsanlegestelle ist der barocke Hauptplatz der Linzer Altstadt mit nahezu magischer Anziehungskraft ausgestattet.

Auch wenn aus den Auslagen der Kaffeehäuser gelegentlich verführerische Linzer Torten buchstäblich herüberwinken, ist vorerst Standhaftigkeit angesagt. Denn zunächst gilt es, im ländlichen Mühlviertel das Geheimnis einer „Krapfen-Schleiferei“ zu lüften. Wer würde dahinter schon eine Mehlspeise vermuten, die zur Herstellung ihrer runden Form zunächst noch „geschliffen“ werden müsste? Belegt mit Schinken und Käse oder gefüllt mit pikanter Konfitüre ist dies für Naschkatzen aller Art ein geradezu aufregendes Geschmacks-Erlebnis.

Kaffeehäuser und Weinkeller

Doch schon richtet sich während der Weiterfahrt durch die romantische Wachau das Augenmerk auf Wien. Und damit auf jene liebenswerte österreichische Landeshauptstadt, die in Sachen Lebensqualität keine internationale Konkurrenz zu fürchten braucht. Eine der führenden Positionen nimmt dabei die Wiener Kaffeehauskultur ein.

Sie wird überzeugend ergänzt durch eine Weinkultur, die sich einer immer größeren Beliebtheit erfreut. Als besonders stilvoll erweist sich Stift Klosterneuburg, das älteste Weingut Österreichs. Einzigartig wie die ausgedehnten Kellergewölbe sind auch die zur Verkostung gereichten Weine. Beispielsweise der Patronis 2019/20, eine Cuvée aus St. Laurent, Zweigelt und Merlot, mit dem das Weingut bei fortgeschrittener Stimmung die größte Zustimmung erfährt.

Als weiteres Genusszentrum präsentiert sich wenig später die slowakische Landeshauptstadt Bratislava, das einstige Pressburg. Bereits aus der Ferne sichtbar ragt die imponierende Burg als Wahrzeichen über der Altstadt empor. Die wuchtige Anlage findet ihr Gegenstück in einem verspielten Barockgarten.

Beim Erkunden der Altstadt mit ihren gepflegten Gassen ist der kleine Hunger zwischendurch natürlich nicht auszuschließen. Abhilfe schafft in diesem Fall das am Hauptplatz
gelegene Traditionskaffee Mayer. Mit seiner anheimelnden Atmosphäre versetzt es den Gast weit zurück bis ins vorletzte Jahrhundert. Aus den Köstlichkeiten des Hauses ragen die „Pressburg bajgel“ heraus, die hier den Kaffeehausaufenthalt versüßen.

Ausgelassenheit und Sentimentalität

Mit der ungarischen Hauptstadt Budapest ist der östlichste Punkt der Donaukreuzfahrt erreicht. Geradezu weihevoll gleitet das Schiff in die Innenstadt hinein. Jeder an der Reling des Oberdecks versucht, so viel wie möglich von der prächtigen Stadtkulisse in sich aufzusaugen: Unverkennbar offenbart sich hier die ungarische Metropole als die sprichwörtliche „Königin der Donau“.

Und die hat auch eine heitere Seite, wie sie auf den Folklorebühnen der Stadt ihren Niederschlag findet. So zum Beispiel im „Szeged“ in unmittelbarer Nähe des Hotels Gellert. Schmissige Musik und wehende Röcke geben hier die ausgelassene Stimmungslage vor, die bei manchem Geigensolo auch schnell einmal ins Sentimentale überwechselt. Serviert wird dabei die original Szegediner Gulaschsuppe, die sämtliche Geschmacksknospen automatisch zum Blühen bringt. Darauf einen „Unicum“! So heißt der überaus wirkungsvolle Kräuterlikör der Familie Zwacke, der vor langer Zeit wegen seiner Heilkraft vom Kaiser persönlich als „Unicum“ bezeichnet wurde. Und schon hatte er seinen Spitznamen weg, der als Markenname bis heute Gültigkeit besitzt.

Ein Unicum anderer Art ist, wenn man so will, auch die Weinstadt Budafok unweit des Stadtzentrums. In heutiger Zeit eher ein Weinmuseum, präsentiert sich hier eine legendäre Weintradition, die sich besonders durch ihren Tokayer-Weinanbau hervortut.

Besonders der „Tokaji Szamorodni“ findet wegen seines fruchtigen Aromas bei der Verkostung Anklang. So würden nicht wenige bei der stimmungsvollen Atmosphäre gern etwas länger in den kühlen Kellergewölben verweilen.

Der Zauber der Fischer-Bastei

Doch der Abschied aus Budapest naht, und wo ließe der sich besser feiern als auf der nächtlichen Fischer-Bastei des Stadtteils Buda? Hell spiegelt sich von hier aus betrachtet die angestrahlte Parlamentsfassade in der glitzernden Donau, bis der Blick sich in der Ferne zwischen Kuppeln und Türmen zu verlieren scheint. Wer wollte sich da nicht an diesen Anblick klammern – am Ende einer romantischen Genussreise entlang der Donau.

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