Es ist 8.41 Uhr, fünf Minuten vor dem Einschlag des ersten Flugzeugs in die Türme des World Trade Centers. Der Platz ist lebendig wie immer. Krieg in Zeiten von Frieden, so wird es sich wenige Minuten später anfühlen – mit um ihr Leben fliehenden Menschen und solchen, die ihre Angehörigen suchen, sowie mit Toten und Verletzten.
Seit 9. April wartet das Panometer Leipzig mit einer neuen Ausstellung auf: „New York 9/11 – Krieg in Zeiten von Frieden“ von dem Künstler Yadegar Asisi. Das 360°-Panorama ist nach „Leipzig 1813“ zu den Wirren der dortigen Völkerschlacht, der Berliner Mauer und „Dresden 1945“ bereits das vierte Anti-Kriegsprojekt, das der iranisch-stämmige Künstler inszeniert hat. Es thematisiert nicht das eigentliche Attentat, sondern die globalen und weitreichenden Auswirkungen der Anschläge vom 11. September bis zum heutigen Tage. Ihn beschäftigt das Leid in den von Kriegen zerrütteten Ländern, die Schicksale der Flüchtenden sowie die immensen Kosten des ausgerufenen „Kriegs gegen den Terror“. Dabei sei für ihn die allumfassende Frage: „Woher kommt dieser Hass in diese Welt?… Was hätten wir anders machen können, welches Wort war das falsche?“
Bei der Ausstellung handelt es sich um eine Antikriegs-Ausstellung ohne Bilder, denn die habe jeder im Kopf, so Asisi. Er habe keine Antworten, sondern versuche sich in die Sichtweisen anderer einzudenken, Fragen aufzuwerfen und Emotionen zu wecken, erklärte Asisi. In Leipzig habe er mit dem Industrie-Denkmal des ehemaligen Gasometers den idealen Ort dafür gefunden: „Wenn nicht hier, wo sonst“, so der Künstler.
Panorama bringt Betrachter zum World Trade Center
Das 32 Meter hohe Panorama „New York 9/11“ bringt den Betrachter zum World Trade Center am Morgen des 11. September 2001 – fünf Minuten vor den Attentaten. Zuvor geht der Besucher an Installationen vorbei, die ihn von der Gegenwart zurück in den entscheidenden Moment bringen. Die sechs Billionen Dollar, die die Folge-Kriege verschlangen, werden in Form von 22 Meter hohen Goldtürmen gezeigt. Eine weitere Installation „Krieg beginnt im Wohnzimmer“ zu den Medien weist auf die Rede von des damaligen US-Präsidenten George W. Bush hin, in der er den „Krieg gegen den Terror“ unter großem Beifall ausruft – im Hintergrund des simulierten Wohnzimmers laufen Bilder der später zerstörten Städte. „Die Sprache der Politiker war danach geprägt von Vorurteilen, fremdenfeindlichem Denken und Hetze“, so Asisi. Für jeden der namenlosen Toten findet sich ein Strich am Boden. „Wir laufen auf den Opfern“, so der Künstler. Mit dieser Ausstellung gedenke er allen Opfern von Gewalt, Terrorismus und Krieg sowie seinem im Iran erschossenen Vater und der mit ihm als Ungeborenem im Leib geflohenen Mutter, so Yadegar Asisi. In dem begleitenden rund 130 Seiten umfassenden Katalog kommen zudem namhafte Kulturschaffende sowie elf Zeitzeugen zu Wort. 9/11 ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. www.panometer.de Petra Wagner