Der Immobilienmarkt boomt, aber nur die, die bereits Immobilien oder Grundstücke haben, profitieren: Dieser Gedanke mag Bauwilligen kommen, wenn sie die Preisentwicklung für Wohneigentum in manchen Regionen beobachten. Auch Bau- und Finanzierungskosten nehmen weiter zu. Verbände und potenzielle Baufamilien sehen allerdings einen Ausweg – in der von Bundesfinanzminister Christian Lindner vorgeschlagenen Reform der Grunderwerbssteuer.
Große Verunsicherung
bei Bauwilligen
Nach dem Wegfall vieler Fördermittel, der Preisexplosion bei Baustoffen und dem rasanten Anstieg der Darlehenszinsen sind viele Bauwillige – gerade aus der Mittelschicht – stark verunsichert. Ein privates Bauprojekt anzugehen, scheuen viele, da sie sich dafür teilweise hoch verschulden müssten. Dies zeigen auch die Ergebnisse eines Fachpanels des Verbands Bauherrenschutzbund (BSB), in dem die regional ansässigen Bauherrenberaterinnen und Vertrauensanwälte des BSB ihre Eindrücke von vor Ort schilderten. Die Verunsicherung sei überall spürbar, so die Sachverständigen.
Eine Grunderwerbssteuer-Reform soll den Ausweg aus der Misere bringen. Hierbei sollen vor allem Selbstnutzende beim Erwerb der ersten Immobilie entlastet werden. Wie diese Entlastung allerdings im Einzelfall aussehen soll, ist längst nicht geklärt. Der BSB klingt deshalb nur verhalten optimistisch, wenn er Lindners Reformvorschlag „begrüßt“ – und drängt zur Eile. Denn der Trend bei den Baugenehmigungszahlen im Privatsektor ist bereits jetzt stark rückläufig. „Wird nicht schnell und entschieden gegengesteuert, kann das jahrzehntelang geltende Aufstiegsversprechen eines Eigenheims nicht mehr gehalten werden“, warnt BSB-Geschäftsführer Florian Becker.
Ein wichtiger Faktor darf zudem nicht vergessen werden: Die Grunderwerbssteuer ist in Deutschland Ländersache. Und diese streben teils so gar nicht nach Entlastung der Bauenden und Kaufwilligen.
Grunderwerbssteuer ist Ländersache
So will Hamburg 2023 den Steuersatz von 4,5 auf 5,5 Prozent und Sachsen sogar von 3,5 auf 5,5 Prozent anheben. Der BSB kommentiert dies als „Schlag ins Gesicht für zukünftige Bauherren.“ Die geplante Entlastungsmaßnahme der Bundesregierung werde hier konterkariert.
Im Gegensatz zu Lindner hat der Lobbyisten-Verband konkrete Vorstellungen für die Grundsteuerreform. Um den Ländern weiterhin wertvolle Steuereinnahmen zu garantieren und dennoch Bau- und Kaufwillige mit mittleren Einkommen effektiv zu entlasten, schlägt der BSB eine soziale Staffelung vor. So sollen auf die ersten 200000 Euro des Kaufpreises keine Steuer, auf die zweiten 200000 Euro drei Prozent, auf die dritten sechs Prozent und darüber hinaus acht Prozent Grunderwerbssteuer erhoben werden.
Ob dieses Modell umsetzbar ist und auch den Vorstellungen des Bundesfinanzministers entspricht, bleibt allerdings abzuwarten. Christoph Kastenbauer