Wegen einer umfassenden Reform des Grundsteuerrechts müssen 36 Millionen Grundstücke neu deklariert werden. Bei dem Mammutprojekt knirscht es aktuell gewaltig in der Umsetzung. Denn für die meisten Eigentümer und Eigentümerinnen mutet laut zahlreicher Erfahrungsberichte die dafür nötige Grundsteuererklärung wie das berühmte Buch mit sieben Siegeln an. Sibylle Barent, Referentin Recht und Steuern beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland, spricht sogar von einem „Desaster mit Ansage“.
Fachchinesisch aus dem Grundbuchrecht
Bis Mitte September ging mit gerade einmal 18 Prozent nur ein Bruchteil der erforderlichen Grundsteuererklärungen bei den bundesweiten Finanzämtern ein. „Hauseigentümer sind immer noch überfordert und wissen nicht, wer ihnen helfen kann“, so Matthias Heißner, Geschäftsführer der Plattform Vermieterwelt. Eigentümerverbände kritisieren dabei vor allem den wenig verständlichen Sprachgebrauch innerhalb der für die Grundsteuererklärung nötigen Formulare. „Das Problem ist hier das Fachchinesisch mit unbekannten Begriffen aus dem Grundbuchrecht“, kritisiert Barent. Begriffe, bei denen oft nur noch der Steuerberater durchblicke. Der nehme aber bis zu 400 Euro für die Bearbeitung der Grundsteuererklärung, warnt Professor Stephan Kippes vom Immobilienverein Deutschland (IVD) Süd. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der Bearbeitungsform. Zu Beginn des Bearbeitungszeitraums konnte man in vielen Bundesländern die Grundsteuererklärung nur online über das Steuerportal „ELSTER“ abgeben, was laut Barent gerade viele ältere Menschen abschreckte. Dazu kam, dass das System anfangs völlig überlastet war und laufend abstürzte. Mittlerweile ist dieses Problem weitgehend behoben und auch die Bearbeitung in Papierform möglich, wie die Steuerexpertin bestätigt: „Neben Bayern sind mittlerweile auch andere Bundesländer dazu übergegangen, die Formulare mindestens zum Download zur Verfügung zu stellen.“
Allein, die Komplexität des Problems bleibt. Neben unverständlichen bürokratischen Begriffshürden steht auch das mühsame Zusammensuchen vieler Einzeldaten in der Kritik. „Einige Daten liegen in anderen Behörden vor, zum Beispiel die Grundbuch- und Katasterangaben. Da hätte man schon einige Daten für die Grundsteuererklärung vorab automatisiert zusammenstellen können, anstatt den Eigentümer mühsam alles zusammenpuzzeln zu lassen“, so Barent. Die Problematik rund um die Grundsteuererklärung ist längst bis nach Berlin durchgedrungen. Nachdem selbst Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Verlängerung der Abgabefrist gefordert hatte, hat diese sich nun offensichtlich durchgesetzt. Lindner gab vergangenen Donnerstag bekannt, die Abgabefrist einmalig auf den 31. Januar 2023 zu verlängern. Man hätte aktuell andere Sorgen und Aufgaben. Christoph Kastenbauer