Eigentlich geht es im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022, das Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll, um so sinnvolle Dinge wie Verfahrensvereinfachung, Rechtssicherheit und Steuergerechtigkeit. So beschreibt es jedenfalls das Bundesfinanzministerium auf seiner Webseite. Der Eigentümerverband „Haus & Grund Deutschland“ sieht dagegen etwas ganz anderes: Teils massive Steuermehrbelastungen, die aufgrund des neuen Gesetzes auf Hauseigentümer und -eigentümerinnen zukommen könnten.
Neue Bestimmungen bei Wertermittlung
Die Ursache ist keine konkrete Steuererhöhung. Dies sieht das neue Gesetz so nicht vor. Warum dennoch im Falle der Übertragung einer Immobilie im Schenkungs- oder Erbfall zukünftig wohl deutlich mehr an den Fiskus abgeführt werden muss, liegt an neuen Bestimmungen im Bereich der Wertermittlung. Anwältin Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik bei „Haus & Grund Deutschland“, erklärt dies am Beispiel der Bewertung von Mietwohnungen im Rahmen des sogenannten Ertragswertverfahrens: „Es können aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben nur noch geringere Bewirtschaftungskosten abgezogen werden. Der zu versteuernde Ertragswert erhöht sich dadurch unter Umständen deutlich.“ Allein dieser Ansatz bei den Bewirtschaftungskosten könne eine Erbschafts- und Schenkungsteuer-Mehrbelastung von zehn bis zwölf Prozent ausmachen.
Auch die Wertermittlung von Einfamilienhäusern im Rahmen des neues Steuergesetzes soll laut „Haus & Grund Deutschland“ zulasten des Steuerzahlers gehen. Hier geht es um neue bundesweit anzuwendende Berechnungsgrößen wie beim generellen Wertfaktor oder bei den Regionalfaktoren, die regionale Unterschiede bei den Baukosten abbilden sollen. Einfach gesagt: Aufgrund des neuen Gesetzes werden ab 2023 viele Häuser mit einem teils deutlich höheren Wert berechnet als zuvor, was bei der Übertragung der Immobilie bei Schenkung oder Erbfall dann auch eine höhere Steuerbelastung nach sich zieht. „Bei bestimmten Immobilien kann es sogar zu einer Verdoppelung des Werts kommen“, sagt Barent und warnt vor den möglichen verheerenden Folgen für Eigentümer und Eigentümerinnen. „Die Steuererhöhung dürfte viele Betroffene überfordern, sodass auch Notverkäufe drohen.“
Ist es deshalb sinnvoll, noch vor Jahresende, also bevor das neue Steuergesetz in Kraft tritt, etwa die geplante Schenkung der Immobilie vorzuziehen? Barent warnt trotz der drohenden Mehrbelastung vor Schnellschüssen.
„Übertragungen sollten immer sorgfältig geprüft und vorab auch von der Bewertung her durchgerechnet werden.“ Sei dies vor Jahresende allerdings möglich, könne das Vorziehen der Übertragung oder eine Teilübertragung im steuerlichen Freibetragsbereich durchaus sinnvoll sein. Christoph Kastenbauer