Die Preise für Baustoffe explodieren. Das Statistische Bundesamt ermittelte für den Zeitraum 2020 bis 2021 Anstiege bei Konstruktionsvollholz um 77 Prozent, bei Dachlatten um 65 Prozent, bei Bauholz um 61 Prozent und bei Betonstahl um 53 Prozent. Dabei gibt es einen Baustoff, der leicht verfügbar und zudem günstig ist – da es sich schlicht um ein Abfallprodukt aus der Landwirtschaft handelt.
Zehn Millionen Tonnen Stroh für den Hausbau
Jedes Jahr fallen in Deutschland über 40 Millionen Tonnen Getreidestroh an. Laut dem Fachverband Strohballenbau Deutschland (FASBA) könnten davon rund zehn Millionen Tonnen für den Hausbau verwendet werden. Die Herstellung und Verarbeitung des Materials verbraucht dabei kaum Primärenergien, und es kann mit geringem Aufwand weiterverarbeitet werden. Ein weiterer Vorteil: Wie Holz entzieht Stroh auch im verbauten Zustand der Außenluft CO2 – und wirkt so klimapositiv.
„Bauen mit pflanzlichen, Kohlenstoff speichernden Materialien wird aus Klimaschutzgründen in den kommenden Jahrzehnten eine zunehmend wichtige Rolle spielen“, sagt Thomas Mau von der BHW Bausparkasse. Schon heute wird Stroh etwa im Bereich der Dämmung häufig verwendet. Doch Häuser, deren tragende Wände mit dem landwirtschaftlichen Abfallprodukt gebaut werden, sind noch selten.
Da stellt sich die Frage nach dem Warum. An sich ist Stroh für den Häuserbau bestens geeignet, das Naturmaterial garantiert eine sehr gute Wärmedämmung, besten Schall- und Hitzeschutz und ist dabei mit fünf bis 15 Euro pro Quadratmeter vergleichsweise günstig.
Ein Grund sind die bürokratischen Prozesse, die in Deutschland bisher hinterherhinkten. In Nachbarstaaten wie Frankreich oder Österreich setzt man schon länger auf Stroh – neben Wohnanlagen sogar bei Schulen und Kindergärten – während hierzulande noch konkrete Richtlinien für den Bau fehlten. Dies wurde nun nachgebessert. „Mittlerweile gibt es auch hier klare Regelwerke für Strohballenhäuser und gesicherte Qualitätsstandards“, erklärt Mau.
Ein weiterer Punkt ist der aufwendige Bauprozess. Stroh darf nicht durchnässen, so muss das Material trocken gelagert und im Rohbauzustand – bevor der Putz aufgetragen wird – penibel mit einer wasserabweisenden Folie abgedeckt werden. Das Bauen mit Stroh funktioniert dabei ähnlich wie bei einem gemauerten Haus: Die gepressten Strohballen werden wie Ziegelsteine aufeinandergesetzt, mit Holzstiften verbunden und mit den sie abdeckenden Putzschichten stabilisiert. Aufgrund der Strohballenbreite sind Außenwände aktuell noch ziemlich dick, die Innenwände deshalb – um nicht unnötig Wohnraum zu verschwenden – in vielen Fällen aus Lehm gebaut. Prozesse, die in Zukunft noch optimiert werden müssen, um Stroh zu einer wirklichen Baustoff-Alternative werden zu lassen. Christoph Kastenbauer/Bhw