Trendwende in Bauwirtschaft befürchtet

von Redaktion

Bauunternehmen geraten bayernweit massiv unter Druck

Bauunternehmer werden in den kommenden Monaten bayernweit immer weiter unter Druck geraten. Dies prognostiziert der Immobilienverein Deutschland (IVD) Süd. Zwar genehmigten die Behörden im Freistaat in den ersten acht Monaten 2022 laut Statistischem Landesamt den Bau von rund 46800 neuen Wohnungen, was nur einen geringen Rückgang von 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet. Dennoch: „Trotz bis dato scheinbar stabiler Wohnungsgenehmigungszahlen belasten die in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegenen Finanzierungs- und Baukosten die Immobilienbranche und speziell auch das Baugewerbe“, erklärt Professor Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts.

Mehr Bauwillige machen Rückzieher

So wird Bauen nicht nur teuer, sondern auch unattraktiver. Die Folge: ein Einbruch der Nachfrage. „Es kommt vermehrt dazu, dass Bauwillige einen Rückzieher machen“, erklärt Kippes. Die Auftragseingänge im bayerischen Bauhauptgewerbe verdeutlichten dies. Laut Statistischem Landesamt für das Segment Wohnungsbau lagen sie im September 2022 4,4 Prozent unter dem Vorjahresmonat.

Die Bauträger geraten hierbei aus mehreren Gründen in eine schwierige Situation. Zum einen haben sie teilweise in der Vergangenheit zu relativ hohen Preisen Bauplätze erworben, die sie erst noch bebauen müssen. Wenn jetzt der Markt schwächer wird, ist es schwierig, diese Grundstücke zu bebauen und zu refinanzieren. Zum anderen sind Baumaterialien in den letzten Jahren massiv teurer geworden. Das Statistische Bundesamt ermittelte für den Zeitraum 2020 bis 2021 etwa Anstiege bei Konstruktionsvollholz um 77 Prozent, bei Dachlatten um 65 Prozent, bei Bauholz um 61 Prozent und bei Betonstahl in Stäben um 53 Prozent. Die markanten Zuwächse setzten sich auch im laufenden Jahr 2022 fort. Die Gründe für die Preisentwicklung bei Baumaterialien liegen dabei laut IVD vor allem in Lieferkettenproblemen und gestiegenen Energiekosten.

Ein weiteres Problem, mit dem Bauträger zurzeit zu kämpfen haben: Auch Handwerker sind aktuell Mangelware. Angesichts der instabilen Preissituation erhalten Bauträger von Handwerkern häufig keine Festpreise mehr.

Die Folge: Bauträger können im Moment nur schwer abschätzen, welchen Verkaufspreis sie bei ihrer Kalkulation ansetzen können. Das schreckt wiederum potenzielle Käufer ab. So unterbleiben viele Bauvorhaben.

Die veränderte Situation spiegelt sich auch beim Markt für Baugrundstücke wider: Früher war das Angebot speziell in den Ballungsräumen sehr knapp. Es gab einen sehr starken Wettbewerb unter den Bauträgern, wenn einmal ein Grundstück angeboten wurde. Inzwischen wirken Bauträger hinsichtlich der Akquise neuer Grundstücke deutlich zurückhaltender und akzeptieren auch die geforderten Preise nur bedingt. So wird ein Prozess in Gang gesetzt, den viele vor einem Jahr nicht für möglich gehalten hätten: Selbst in der Landeshauptstadt München – die für ihre hohe Begehrlichkeit in Sachen Wohnraum bekannt ist – sinkt der Preis für den Baugrund im Geschossbau erstmalig seit rund 20 Jahren um 1,2 Prozent.

Aufgrund dieser aktuellen Rahmenbedingungen im Baugeschäft warnt Kippes vor einer spürbar rückläufigen Entwicklung bei den Baugenehmigungen. „Außerdem ist zu befürchten, dass eine beachtliche Zahl der genehmigten Bauvorhaben angesichts der geänderten ökonomischen Rahmendaten abgestoppt oder zumindest temporär aufgeschoben wird.“

Die bisher kaum messbaren Rückgänge bei den Baugenehmigungen könnten sich so bald als deutliche Trendumkehr am Markt entpuppen.

Christoph Kastenbauer

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